Von Jutta Biener-Drews
Eberbach. Herzinfarkt neben fiebriger Erkältung: die Rettungsstellen der Krankenhäuser sind heute oft rettungslos überlaufen, weil sie zunehmend schon bei harmlosen Wehwehchen in Anspruch genommen werden. Nach Schätzungen des Ersatzkassenverbands sind ein bis zwei Drittel aller "Notfall"-Patienten eigentlich ein Fall für die Arztpraxis. Schlecht für die Ambulanzen, schlecht für die schweren Fälle - stundenlange Wartezeiten seien die Regel. Ein Trend, der sich auch an der GRN-Klinik in Eberbach bemerkbar macht? Und wie wirkt sich im Zusammenhang damit die Schließung der Neckargemünder Notfallpraxis auf die hiesige Patientenversorgung aus? Die wurde im Januar im Zuge der regionalen Neustrukturierung des ärztlichen Notfalldienstes geschlossen, deren schätzungsweise 60 bis 80 Patienten pro Wochenende wurden an die Klinikstandorte Eberbach, Sinsheim und Heidelberg verwiesen. Was wir in Erfahrung bringen konnten, ist dies: Auch am Eberbacher Krankenhaus ist eine Zunahme an Notfall-Patienten zu beobachten. Und ja, die Bagatellfälle scheinen sich zu häufen. Ein Zusammenhang mit der Schließung in Neckargemünd ist bislang nicht ersichtlich. Und dass Eberbacher Patienten jetzt im Notdienst längere Wartezeiten in Kauf nehmen müssten, ist nicht bekannt.
In Eberbach ist der Notdienst bekanntlich so organisiert, dass in den Nächten von Montag bis Freitag die gesamte Notfallversorgung von der Klinikambulanz übernommen wird. An Wochenenden, von Samstagmorgen bis Montagmorgen, unterhalten die niedergelassenen Ärzte ihren eigenen Bereitschaftsdienst neben der GRN-Notfallambulanz. Beide Einrichtungen teilen sich im Krankenhaus zwar den selben Flur und denselben Wartebereich, sind aber räumlich voneinander getrennt. Zumindest an Wochenenden lässt sich daher schon im Vorfeld das Schlimme vom weniger Schlimmen sondern.
Der Kassenärztlichen Vereinigung (KVBW) liegen für die Eberbacher Wochenend-Bereitschaft für das laufende Jahr bislang nur die Zahlen des ersten Quartals vor. Und die machen nach Darstellung von Pressesprecher Kai Sonntag einen "leichten Fallzahlanstieg ersichtlich". Inwieweit dies mit dem Aus in Neckargemünd zusammenhängt, gehe daraus nicht hervor. Auf jeden Fall seien der KVBW aber keine Beschwerden Eberbacher Patienten bekannt, die sich über längere Wartezeiten ärgern. Was laut Sonntag aber auch auf die neuen Patientenströme aus Neckargemünd zutrifft: keine Klagen. Dass Patienten zunehmend die Notaufnahmen der Krankenhäuser aufsuchen, lasse sich zwar nicht speziell auf Eberbach herunterbrechen, ist dem KVBW-Sprecher zufolge aber insgesamt zu beobachten. Und zwar verstärkt schon während der Sprechstundenzeiten der Arztpraxen. Das heißt, unabhängig von Tageszeit, Wochentag und Art des Leidens werden auf direktem Wege die Krankenhäuser angesteuert.
Der GRN-Klinik liegen für ihre Notfallambulanz unterdessen schon Zahlen vor, die diese Entwicklung erhärten. Im Vergleich der Jahre 2014 bis 2016 sind die in den zwei ersten Quartalen erfassten Notfälle in fast schon erstaunlicher Regelmäßigkeit jeweils um 110 angewachsen. Im ersten Vierteljahr von 1464 (2014) auf 1574 (2015) auf 1687 (2016) Fälle; von April bis Juni von 1663 (2014) auf 1774 (2015) auf 1876 (2016). Für Sprecherin Stefanie Müller ein eindeutiger Beleg für den "stetigen Anstieg der Notfall-Gesamtzahl" in der Klinikambulanz. Und ein Hinweis darauf, dass die Schließung der Neckargemünder Notfallpraxis in Eberbach keine Auswirkungen hatte.
Obwohl die nackten Fallzahlen noch nichts darüber verraten, ob die Klinik am Scheuerberg vermehrt auch bei Schnupfen und Wespenstich erste Adresse ist, gibt es da noch den gefühlten Wert. Laut Müller besteht nämlich auch an der GRN-Klinik Eberbach "der subjektive Eindruck, dass diese Fälle mehr geworden sind". Doch spiele da höchstwahrscheinlich auch die direkte Nachbarschaft der Flüchtlingsunterkunft herein, deren Bewohner bei medizinischen Problemen vorzugsweise hier anklopfen.