Von Barbara Nolten-Casado
Stuttgart/Zwingenberg. Das hatte es noch nicht gegeben: Der "Freischütz" der Schlossfestspiele Zwingenberg als Kinoevent bei einem Filmfestival! Auf der 22. Filmschau Baden-Württemberg in Stuttgart ist das Undenkbare am Samstag Realität geworden. Nicht nur in Zwingenberg und Umgebung hatte die Operninszenierung des schwäbischen Entertainers und Schauspielers Michael Gaedt im vergangenen Sommer für Furore gesorgt. Auch in Stuttgart hatte sich das Regie-Debut des Ex-Tierschau-Frontmanns herumgesprochen. Gaedt hatte seine allererste Oper von einem Filmteam um die Produzenten Günter Moritz und Monika Agler von "teamWERK. Die FilmProduktuion" begleiten lassen. Mit fünf Kameras war bei zwei Vorstellungen gefilmt worden, das Publikum war befragt und Gaedt in seinem Stuttgarter Büro interviewt worden. Das Ergebnis hatte nicht nur Gaedt begeistert sondern auch die Festivalleitung der "Filmschau" überzeugt: Der mehr als zweieinhalbstündige Streifen wurde in den "Querschnitt" der Filmproduktionen "mit spannenden, ungewöhnlichen und originellen Beiträgen" aufgenommen, die letzte Woche beim Filmfestival in Stuttgart der Öffentlichkeit vorgestellt wurden. Wobei "Gaedt’s noch? Der Freischütz" im Programmheft gar unter den "Highlights" der Saison zu finden ist…
Es ist 14.45 Uhr, als der Platz mit dem roten Teppich vor dem Eingang des Metropol-Kinos am Samstag abgesperrt wird. Dunkel gekleidete Securities platzieren sich, Kamerateams und Pressefotografen gehen in Position. Der Festspielchor ist angereist, die Solisten sind aus allen Ecken der Nation zur denkwürdigen Veranstaltung gekommen, auch die Geschäftsführerinnen der Schlossfestspiele aus Mosbach sind da. Schaulustige sammeln sich rund um die Wartenden. Moderator Jens Pflüger führt Small Talk mit Chorsängern, um die Zeit bis zum Eintreffen der Ehrengäste zu überbrücken. Dann fährt die erste Limousine vor: Intendant Rainer Roos und Zwingenbergs Bürgermeister Norman Link mit Gattin betreten den roten Teppich, um sich von Festivalleiter Oliver Mahn begrüßen zu lassen. Die zweite Limousine erscheint: Sicherheitsmänner reißen Türen auf - und dann entsteigt Er dem schwarzen Gefährt, Michael Gaedt, mit Pelzmantel und goldenen Schuhen, um im Blitzlichtgewitter auf "seinen" Chor und "seine" Solisten zuzueilen und Hände zu schütteln. Die mit ihm angekommenen Filmproduzenten geraten da fast ein wenig in den Hintergrund. Doch dann fragt sie der Moderator, welche Probleme es wohl beim Filmen gegeben habe. "Dass alles voll war mit Zuschauern", berichtet Günter Moritz. "Es ist ja alles live aufgenommen, da raschelt und klopft es auch manchmal", fügt Monika Agler hinzu. Eigentlich sei ja ursprünglich "etwas Kleineres" geplant gewesen. "Und jetzt sind wir hier! Wir freuen uns!"Und schon fährt Limousine drei vor: die Hausherren von Schloss Zwingenberg, Seine Großherzogliche Hoheit Ludwig Prinz von Baden mit Gemahlin Marianne und Sohn Berthold werden vom Festivalleiter empfangen und auf den roten Teppich geleitet. Die Männer des Festspielchors nehmen Aufstellung und kredenzen den Umstehenden den "Jägerchor". Ein Gruppenbild aller geladenen Gäste noch, ein Gläschen Sekt im Foyer, dann geht es in den Kinosaal mit seiner großen Leinwand und den bequemen roten Sesseln. Auch Landrat Dr. Achim Brötel ist inzwischen eingetroffen. Die Welturaufführung des Freischütz-Films kann beginnen. Michael Gaedt ist in seinem Büro zu sehen und gibt Einblicke in seine Regie-Ideen. Schloss Zwingenberg taucht auf, ein Blick ins Festspielpublikum lässt gespannte Mienen erkennen, Mikrofone halten die Erwartungen der Opernbesucher fest. Dann erklingt die Ouvertüre, Chor und Solisten betreten die Bühne, das Spiel um Liebe und Tod, um Freikugeln und Wolfsschlucht nimmt seinen Lauf. Immer wieder wird Lachen im Kinosaal laut. Oder Applaus. Ungewohnt sind die Großaufnahmen: keine Schweißperle auf der Stirn, keine Mücke auf der Wange der Mitwirkenden bleibt dem Kameraauge verborgen. Wie war das, sich mal auf der Leinwand zu sehen, auf der sich sonst nur Filmstars tummeln, will Moderator Jens Pflüger zum Schluss von den Solisten wissen. "Man war schon überrascht", sagt beispielsweise Xenia von Randow."
Man stellt sich sein Gesicht nicht so vor. Und irgendwie - das war nicht ich, das war Ännchen."
Auf der Fahrt zurück tauschen auch die Sänger des Festspielchors ihre Impressionen aus: "Ein tolles Erlebnis, sich mal aus dieser Perspektive zu sehen", ist man sich einig. "Und die Show rund um den roten Teppich, das war eine neue Erfahrung und ein absolutes Highlight".