Von Martina Birkelbach
Eberbach. Heinrich D. (Name von der Redaktion geändert) hat sein ganzes Leben lang gearbeitet. Jetzt ist er über 70 Jahre alt und bezieht eine geringe Altersrente. Da diese vorne und hinten nicht reicht, ergänzt das Sozialamt das Einkommen durch SGB XII-Leistungen ("Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung"). Es fehlt an Geld für eine neue Brille, für Medikamente, für Zahnersatz. Und das, obwohl er sich an allen Ecken und Enden einschränkt. Abends stellt er Teelichter auf und schaltet kein Licht ein - um Strom zu sparen. Altersarmut. Auch das gibt es in Eberbach und Umgebung. Sehr viel geholfen hat Heinrich D. das Diakonische Werk in Eberbach. Mitarbeiterin Sabine Rösler hat ihm als Schuldnerberaterin zur Seite gestanden und berät ihn jetzt noch ab und zu, wenn es beispielsweise um sozialrechtliche Fragen und die Prüfung der Bescheide geht.
Heinrich D. hat Schlosser gelernt. "Ich wollte eigentlich Förster werden. Aber so war das damals. da hieß es ’Du wirst Schlosser’ und fertig". Er hat seinen Gesellenbrief gemacht und 15 Jahre lang als Schlosser gearbeitet. "Schon immer interessiert habe ich mich für die Frühgeschichte und Ausgrabungen. Ich habe auch immer gern gezeichnet." In Heidelberg wurde Mitte der 70er Jahre ein Zeichner für Ur- und Frühgeschichte gesucht; Heinrich D. hat sich vorbereitet, aber ein anderer wurde genommen. Dann wurde in Mannheim eine Stelle frei, er bekam einen Zeitvertrag. Zwei Jahre später wechselte er dann doch noch nach Heidelberg. Er zeichnete Ausgrabungen aus der Nähe von Reutlingen und eines römischen Kellers, der in Mannheim ausgegraben wurde; "da kenne ich heute noch jeden Stein persönlich" Heinrich D. bildete sich autodidaktisch zum Restaurator weiter, machte sich dann unter anderem als "Porzellanrestaurator" selbstständig. "Es lief super.
Ich habe für Museen gearbeitet und für Privatleute." Unter anderem hat er Gläser, Vasen oder römische Gesichtsmasken wieder hergestellt. Er lernte eine ausländische Frau kennen, heiratete und begann zusätzlich noch Im- und Export-Geschäfte zu machen. "Alles lief hervorragend." Bis zur Wirtschaftskrise im Jahr 2010. "Die Museen und die Antiquitätenhändler hatten kein Geld mehr - auch mit dem Im- und Export war es vorbei." Binnen eines halben Jahres ging bei Heinrich D. alles bergab. "Ich konnte das Finanzamt und meine Krankenversicherungsbeiträge nicht mehr zahlen und hatte auch kein Geld mehr für die Miete." Er meldete Insolvenz an. Die Vermieterin war sehr geduldig, sonst hätte er auf der Straße gesessen.
Dazu kam noch, dass die Mutter seiner Ehefrau im Ausland schwer krank wurde. Seine Ehefrau flog in die Heimat, um die Mutter zu pflegen. "Da kam einfach alles zusammen", sagt Heinrich D. Er hat sich Lebensversicherungen auszahlen lassen, um damit seine Schulden zu zahlen. Damit waren die Rücklagen für die Alterssicherung weg, aber trotzdem blieb ein Schuldenberg zurück. Seine Ehefrau bekam später Hartz IV, er selbst beantragte Grundsicherung. Laut Rösler gibt es die im Alter ab dem 65. Lebensjahr und bei dauerhafter Erwerbsminderung. Rösler hat ihren Klienten auch bei der Schuldenregulierung beraten. Zum Leben bleiben Heinrich D. nach Abzug von Miete und Strom knapp 350 Euro. Er hat schwere Augenoperationen hinter sich.
Die Brille, das Ausmessen der Augen oder die Augentropfen muss er selbst zahlen. Das Geld dafür hat er sich bei Bekannten geliehen. "Das sind keine Luxusgüter, aber manche Leistungen werden nicht oder nicht in voller Höhe von den Krankenkassen übernommen. Brille oder Zahnersatz sind oft K.O.-Kriterien; Gesundheitskosten gehen ins Geld, gerade wenn das Budget derart eng bemessen ist", sagt Rösler. Auch leidet Heinrich D. an Herzproblemen. "Da muss ich, obwohl ich chronisch krank bin, auch oft noch für die Medikamente oder Fahrtkosten zum Arzt zuzahlen." Zwar gibt es die Möglichkeit, einen Härtefallantrag bei der Krankenkasse zu stellen und sich von der Zuzahlung befreien zu lassen, wenn im Jahr ein bestimmter Betrag an Kosten überschritten wird - aber auch den muss man erst einmal aufbringen und Zahlungen für beispielsweise Brillen und Zahnersatz werden dabei nicht berücksichtigt.
Wenn Not am Mann ist, setzt das Diakonische Werk Spendengelder auch manchmal in solchen Notsituationen ein, "aber auch wir müssen das prüfen und lassen uns Nachweise vorlegen." Heinrich D. hat inzwischen schon mehrere Enkel und sogar schon Urenkel. Weihnachtsgeschenke zu besorgen ist für ihn "undenkbar". Auch wenn er allen so gerne eine Freude an Heiligabend machen würde. Seine Ehefrau hat Heinrich D. seit zwei Jahren nicht mehr gesehen. Sie ist in ihrer Heimat, hat dort Arbeit gefunden und muss so nicht in Deutschland von Hartz IV leben. Sie zu besuchen, wäre ein weiterer Herzenswunsch; "aber der Flug kostet, das ist ebenso undenkbar."
Info: Wer Heinrich D. oder andere Klienten des Diakonischen Werks mit einer Spende zu Weihnachten eine Freude machen will, kann sich beim Diakonischen Werk Eberbach unter Telefon (0 62 71) 92 64 0 melden. Geldspenden gehen ohne Abzug direkt an die Klienten: Diakonisches Werk Eberbach, Sparkasse Neckartal-Odenwald, IBAN: DE 58.6745.0048.0001 0058 18, BIC: SOLADES1MOS.