Eberbach (ak) Da liegt es, das Kindlein. Nein, nicht das Jesuskind, sondern unseres! Unsere Marie! Und sie schläft - ganz ruhig und selig … Mein Mann Jean-Pierre und ich betrachten sie gerührt und froh - und danken Gott für dieses kleine, wundervolle Wesen.
Ob Maria und Josef damals auch so glücklich waren? So wie wir?
Für sie war es an Weihnachten ja viel schwieriger und anstrengender als für uns: Sie mussten zu Fuß (bzw. auf einem Esel) weit - bis in Josefs Geburtsort nach Bethlehem wandern, um sich dort im Rahmen der Volkszählung durch König Herodes zu melden. Maria war damals hochschwanger - und dann fanden sie noch nicht einmal eine warme Unterkunft, ein Bett zum Ausruhen, oder auch nur einen Ort, an dem sie sich stärken konnten. Fast überall wurden sie mehr oder weniger unfreundlich abgewiesen, bis ihnen ein Gastwirt seinen alten Stall anbot ...
So feiern wir Weihnachten nicht
Zugegeben - so feiern wir Weihnachten nicht, denn wir haben ja zum Glück ein Dach über dem Kopf - und neue nette Vermieter. In unserer Wohnung ist es auch nicht so kalt wie damals in dem windschiefen alten Stall.
Und doch ist es auch für uns manchmal eine Herausforderung, die Geburt Jesu ruhig und besinnlich und andächtigen Herzens zu begehen … Manches geht eben - wie damals - auch bei uns ziemlich hektisch zu: Hoffentlich schaffe ich es noch, alle Geschenke zu besorgen, Plätzchen haben wir dieses Jahr erst gar keine gebacken. Mit einem eineinhalbjährigen Wildfang ist das schier unmöglich. Sobald man nämlich die Hände im Teig rührt, hört man im Flur ein paar eilig-tapsende Schritte und ein lautes "Mama!" Ja, sprechen kann Marie jetzt schon einiges - auf deutsch und französisch -- und singen tut sie auch gerne. Am liebsten bei Kerzenlicht, am Adventskranz oder im Gottesdienst.
Nikolausabend umbenannt
Und in der Kinderkrippe, wo sie für den Nikolaustag das Lied "Lasst uns froh und munter sein …" gelernt und durch lautes Klatschen begleitet haben. Davon zehren wir noch heute, haben den "Nikolausabend" kurzerhand in den "Weihnachtsabend" umbenannt und beginnen bei leiser Musik den Tannenbaum zu schmücken.
Auch Marie darf schon helfen und ihre ersten eigenen kleinen Anhängerchen über die duftenden Zweige streifen - auch wenn der Baum unter der Last der kleinen Figuren und Glöckchen mit der Zeit immer weiter gefährlich nach unten gezogen wird … Und echte Kerzen? Hm, das müssen wir uns, glaube ich, noch einmal überlegen. Unter den Tannenbaum wollen wir die Krippe stellen - eine kleine aus massivem Holz. Mit den Figuren kann auch Marie spielen - kaputt gehen kann da eigentlich nichts. Und so höre ich denn auch hin und wieder - während ich am Schreibtisch sitze und meine Predigten schreibe - wie das Rind im Stall blökt (!) und sich ein kleines Mädchen unter die Hirten mischt, um zur Krippe zu laufen. Das Mädchen, die Kuh und der Esel, die haben es Marie angetan. Warum auch immer - und der Engel, der auch bei uns jubiliert: "Vom Himmel hoch, da komm ich her, ich bring euch gute neue Mär!"
Über diese Mär, diese Neuigkeit, freue ich mich - jedes Jahr wieder, stehe auf und laufe zu Marie ins Wohnzimmer, wo ich die Musik lauter stelle und ein paar Runden mit ihr auf dem Arm durchs Wohnzimmer tanze. "Gelobet sei mein Gott, mein Heiland groß von Tat!" Und dann gibt’s für uns beide einen Vorgeschmack aufs Weihnachtsessen: von Freunden und Bekannten selbst gebackene Plätzchen. "O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit!"
Info: Seit September 2014 hat Anja Kaltenbacher die evangelische Pfarrstelle-Nord, die sie seit dem Frühjahr 2013 bereits kommissarisch führte. Ihre Schwerpunktthemen sind Kinder und Jugendarbeit, Hospiz, Frauen und Ökumene. Die gebürtige Hamburgerin studierte Theologie in Heidelberg, Marburg und Montpellier. Ihr zweijähriges Vikariat absolvierte sie an der Bergstraße