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Praktika in Eberbach: Von der Schulbank zurück in den Kindergarten

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Von Jonas Haaß

Eberbach/Neckarzimmern. Raus ins Leben: Diesen Schritt gehen auch in diesem Jahr alle baden-württembergischen Gymnasiasten. Für eine Woche kehren sie dem von Theorie geprägten Alltag den Rücken und sammeln praktische Erfahrungen in unterschiedlichsten Betrieben. Sinn und Zweck des Bogys ist es, den jungen Menschen Impulse und Hilfestellung bei der Berufswahl zu geben. Bogy ist das Kürzel für die Berufs- und Studienorientierung an den allgemein bildenden Gymnasien in Baden-Württemberg.

Jonas Haaß, selbst Bogy-Praktikant bei der RNZ hat zwei Jugendliche begleitet:Chiara Wierz (16) hat schon immer Spaß an der Arbeit mit Kindern. Durch den erhalten gebliebenen Kontakt mit ihrer früheren Kindergartenerzieherin fand sie einen Bogy-Platz in der Kindertagesstätte St. Elisabeth. "Es ist toll, wie schnell die Kinder sich auf mich eingestellt haben", erzählt Chiara. Durch das offene Konzept in dem Kindergarten können die Kleinen entscheiden, in welchem Raum sie am liebsten spielen wollen und sind nicht mehr den ganzen Tag in einzelne Gruppen unterteilt. Langeweile könne deshalb nur schwer entstehen, so die aufgeweckte Rockenauerin.

Eine wichtige Erfahrung sei für sie auch, Verantwortung zu tragen. Auffällig wäre, dass sich die Kinder sehr wenig streiten, vor allem die Jüngeren. Die Erzieher, die sie mit offenen Armen empfangen hätten, wüssten aber auch für Abwechslung im Kindergartenalltag zu sorgen: "Heute Vormittag haben wir experimentiert, morgen machen wir einen Ausflug", sagt sie. Im Gebäude selbst gibt es auch noch einen Turnraum, ein Bistro und ein Außengelände, auf dem sich die Kleinen austoben können. Viel Freude bereitet es ihr auch, den Kindern vermeintlich Selbstverständliches im Alltag so beizubringen, dass sie auch mit Spaß bei der Sache sind ." Morgen darf ich das Zähneputzlied übernehmen, das heißt, ich stehe mit einem großen Plastikgebiss vor den Kindern und zeige ihnen darauf wo sie putzen sollen. Dazu wird natürlich gesungen.", erzählt sie mit Vorfreude. Ein ähnliches "Händewaschlied" ist ebenfalls im Einsatz.

Für Chiara war diese Woche eine lehrreiche Erfahrung, auch wenn sie sich Erzieherin nicht als Beruf vorstellen kann. Die Suche nach einem passenden Bogy-Platz kann sich durchaus ziehen.

Melinda Kiefer (16), musste diese Erfahrung machen. Ihr Wunsch war es, das Praktikum in einer Einrichtung mit Tieren und einem sozialen Bestandteil zu absolvieren. Fündig wurde sie in Neckarzimmern. Auf dem Stockbronner Hof, dem ehemaligen Gutshof der Burg Hornberg, existiert seit dem Jahr 2014 das "ttpkönig", Zentrum für tiergestützte Therapie und Pädagogik unter Geschäftsführerin Gabriele König. Dort finden Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten nachmittags einen Platz zum Toben, aber auch zum Lernen.

Ziel ist es, das richtige Reagieren auf unterschiedlichste Situationen zu lernen und Struktur in den Alltag der Heranwachsenden zu bringen. Unterstützt wird das Team dabei durch zahlreiche Tiere, wie Lamas, Esel, Laufenten, Hühner, Hunde und Katzen. Zweimal die Woche kommt ein Ergotherapeut auf den Hof und führt die tiergestützte Therapie durch. "Bei der Arbeit mit den Tieren sah ich die Lamas das erste Mal als Nutztiere, und nicht als exotische Wildtiere, wie ich sie aus dem Zoo kannte", sagt Melinda. Ihre Aufgaben im Verlauf des Tages orientieren sich an der Arbeit des Betreuerteams.

Nach dem Abholen der Kinder von der Schule, wird zuerst gemeinsam zu Mittag gegessen, dann geht’s an die Hausaufgaben. Wer hier seine Arbeit schnell erledigt, bekommt dafür Sterne. Für eine bestimmte Anzahl erhalten die Kinder kleine Überraschungen. Aber auch in der anschließenden Spielephase können die Kinder durch "weniger Spaß machende Arbeiten" wie Ausmisten weitere Sternchen erringen. Am Ende des gemeinsamen Nachmittags geben alle Anwesenden, auch die Betreuer, ihrem Tag eine Schulnote und sagen, was sie verbessern wollen. Dieser Tagesablauf wird jeden Tag beibehalten und gibt Struktur.

"Die Gründe, weshalb die Kinder zu uns kommen, sind sehr individuell", erläutert Sozialpädagogin Juliane Kluge, die als Gruppenleitung auf dem Hof arbeitet. Für Melinda fällt der Abschied nach einer Woche schwer: "Einige Kinder vermisse ich jetzt schon, ich habe sie sehr ins Herz geschlossen". In ihrem Fall war das Bogy aber eine wirkliche Hilfe bei der Berufswahl: Sie kann sich durchaus vorstellen, später einmal selbst tiergestützte Therapie durchzuführen.


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