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Museum im Alten Markt: Mit 80 Jahren die erste Ausstellung in Eberbach

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Von Jutta Biener-Drews

Eberbach. Zu den frühesten erhaltenen Bildern von Manfred Garstka gehört eine Bleistiftzeichnung von 1945. Als achtjähriger Junge malte sich Garstka darin einen Bombenangriff auf seine ostpreußische Heimatstadt aus. Man sieht zwei Jagdbomber ihre tödliche Fracht abwerfen, sieht die Straße, in der er während des Kriegs wohnt, unter Beschuss, aus Fenstern und Dachstuhl seines Wohnhauses schlagen Flammen, ein Flakgeschütz am rechten Bildrand, direkt neben der Kirche, feuert dagegen an.

"Diesen Angriff hat es so nie gegeben", erklärt Garstka das von Kinderhand entworfene Szenario, "das waren gemalte Ängste!" Dass seine frühen Erlebnisse mit Krieg und Flucht, der radikale Bruch mit Werten, die er als Kind mit heiler Welt verbunden hatte, auch den Künstler Garstka bis heute beschäftigen: solch weitreichende Einblicke in den Werdegang des vielfach preisgekrönten Malers, Grafikers und Fotografen sind demnächst im städtischen Museum zu haben. Zum 80. Geburtstag des 1937 in Rastenburg/Ostpreußen geborenen Wahl-Eberbachers zeigt es ab 13. Mai die Ausstellung "Anfänge und späte Bilder".

60 Blätter aus Kinder- und Jugendtagen sowie ab 1957 aus der Studienzeit an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg plus zehn aktuelle Bilder aus dem letzten halben Jahr laden erstmals dazu ein, dem Lebenslauf des Künstlers Manfred Garstka zu folgen.

Wir treffen ihn zum Gespräch in seinem Atelier in der Friedrichstraße, wo Garstka letzte Vorbereitungen für die Ausstellung trifft. Seine Kinderzeichnungen, die er in den Glasvitrinen des Museums anordnen will, stecken vorerst noch in der Sammelmappe. Es handelt sich um eine Ansammlung teils akribisch gezeichneter britischer und amerikanischer Militärfahrzeuge, die von Garstkas kindlicher Faszination für Kriegsgerät und Technik künden.

"Das hat mich bis zu meinem 17. Lebensjahr ausschließlich beschäftigt", sagt er. "Vor der Flucht in den Westen hab’ ich das immer mit meinem Großvater gezeichnet". Seine Zeichnungen habe er damals als Fotos aufgefasst, erinnert er sich.

Dass er mit derlei Realismus nicht weit kam, sollte ihm als jungem Mann klar werden. Unter dem Eindruck der katastrophalen, sein Weltbild zertrümmernden Kriegserfahrungen musste Garstka lernen, dass die künstlerische Bewältigung seiner Themen "realistisch nicht zu packen ist".

Garstka wird begeisterter Leser Becketts und der Existentialisten. Und er erfährt das, was ihn so früh schon geprägt hat und bis heute "in seiner Fantasie rumspukt", auch als Triebfeder seines Schaffens.

In den Fünfzigerjahren beginnt Garstkas "Jazzerzeit": Er lernt Trompete spielen und widmet sich auch zeichnerisch dem Musikmachen. Die dabei entstandenen Blätter wandern in die Bewerbungsmappe für die Kunsthochschule Hamburg, wo er von 1957 bis 1962 studiert. Seinem Lieblingsdozenten dort widmet Garstka in der Museumsschau eine eigene Ecke: dem 1962 verstorbenen Maler und Grafiker Georg Gresko.

Als junger Künstler stellt sich Garstka nach dem Studium auf die eigenen Beine. Und findet seit Lebensthema. "Seit den Sechzigerjahren kreisen seine Bilder um dasselbe Thema: den menschlichen, oft genug weiblichen Körper.

Aber er verändert die Wirklichkeit der vertrauten Körperformen, indem er ihre gewöhnliche Verbindung untereinander zerstört, die gerade noch erkennbaren Einzelteile neu zusammensetzt und sie damit auch definiert", lässt er eine Laudatorin darüber sagen.

Seine Bilder wurden seither in weit über hundert Ausstellungen im In- und Ausland gezeigt. Mehrfach auch schon in Eberbach: dreimal im Rathaus, einmal, zu seinem 70. Geburtstag, in der Galerie Artgerecht. Dass er in der bevorstehenden Werkschau den Bogen erstmals bis zurück in die Kinderzeit spannt - das, findet Garstka und lächelt verschmitzt, "kann man sich mit 80 - und kann es sich in seiner Heimatstadt schon erlauben". Außerdem "findet die Schau ja im Museum statt..."

Info: "Anfänge und späte Bilder" wird am Samstag, 13. Mai, um 15.30 Uhr im Museum am Alten Markt eröffnet. Die Einführung übernimmt Günter Stachowsky (Neckargemünd).


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