Von Martina Birkelbach
Eberbach. "Wir sind erleichtert, dass es vorbei ist. Aber es ist auch schade. Wir haben uns eingelebt, jeder kannte uns. Bald sind wir die Neulinge. Und die nächsten Lehrer kümmern sich wahrscheinlich nicht mehr so viel um uns", sind sich Jessica Hühn, Carsten Stillner und Philipp Sauer einig. Aber sie sind auch der Meinung, dass das alles wohl auch ein weiterer "Schritt zum Erwachsenwerden" ist.
Am Mittwoch, 19. Juli, werden um 19 Uhr in der Stadthalle die diesjährigen Abschlussschüler der Realschule verabschiedet und bekommen ihr Mittlere-Reife-Zeugnis überreicht. Für 96 junge Frauen und Männer - zufällig die gleiche Anzahl wie die der kürzlich verabschiedeten HSG-Abiturienten - beginnt danach ein neuer Lebensabschnitt. Der Plan für Mittwoch steht, die Artistikgruppen proben noch, die Generalprobe findet auch am Mittwoch statt. "Die meisten von uns machen weiter mit der Schule", sagen Jessica, Carsten und Philipp. Ganz nach dem Motto: "Hauptsache Abitur". Aber einige, so die drei Abschlussschüler, gehen auch nur auf weiterführende Schulen, "weil sie nicht wissen, was sie sonst machen sollen". Manche beginnen auch eine Ausbildung. Jessica, Carsten und Philipp haben Mitschüler, die etwa Gesundheits- und Krankenpfleger, Zahnarzthelferin oder Schreiner lernen wollen. "Fast alle haben etwas gefunden", sagen sie. "Aber die Lehrer sind auch hinterher - sie fragen ständig nach und helfen auch. Man kann auch immer zu unserer Rektorin gehen, wenn man Fragen oder Probleme hat - alle Lehrer haben immer ein offenes Ohr." Vermissen werden die drei einige Lehrer und auch die Mitschüler, "die Freunde sieht man jetzt schon nicht mehr jeden Tag".
Jessica Hühn (16) aus Hirschhorn ist von der Neckartalschule an die Realschule gekommen. Ihre Abschlussklasse war (ist), wie bei Carsten und Philipp auch, die 10b; Klassenlehrer Jörg Keller. Jessica beginnt im September eine vierjährige Ausbildung als Erzieherin. "Ich wollte in der Nähe von Hirschhorn bleiben und bin dann im städtischen Kindergarten in Hirschhorn sowie an der Augusta-Bender-Schule in Mosbach; im ersten Jahr je zwei Tage die Woche im Kindergarten und drei Tage in der Schule." Im ersten Jahr wird sie nichts verdienen. Danach kann sie wählen zwischen einer "normalen Ausbildung" oder einer "PIA-Ausbildung". Bei Letzterer bekommt man ein Gehalt, "aber nicht alle Kindergärten bieten die Ausbildung an". Acht Bewerbungen hat die 16-Jährige persönlich in Eberbach, Hirschhorn und Langenthal abgegeben. "Von den meisten habe ich Zusagen bekommen, mich dann aber für Hirschhorn entschieden." Jessica wollte "schon immer etwas mit Kindern oder Tieren machen". Ihr BORS-Praktikum (Berufsorientierung Realschule) hat sie in der Kita "GerneGross" in Langenthal absolviert, und in den Ferien auch schon ein freiwilliges Praktikum im Eberbacher Kindergarten Regenbogen gemacht. "Danach war klar, dass ich Erzieherin werden will." Bis September will sich Jessica noch ausruhen, mit der Familie etwas unternehmen. Ein Nordseeurlaub mit den Eltern steht auch noch auf dem Programm.
Carsten Stillner (16) ist von der Steige-Grundschule auf die Realschule gekommen. Der zweite Schülersprecher hat bereits die nächsten zehn Jahre im Voraus geplant; und sogar noch weiter. Zuerst absolviert er ab September eine dreieinhalbjährige Ausbildung zum Zweiradmechatroniker im Bereich Fahrradtechnik an der Mosbacher Gewerbeschule und im "Bike-Center-Mobach". "Das erste Jahr ist es die gleiche Ausbildung wie bei den Automechatronikern; dann geht’s in Breisach weiter mit Blockunterricht im Wechsel mit dem Betrieb in Mosbach. "In Breisach gibt’s Unterkünfte, ähnlich wie an der Theodor-Frey-Schule in Eberbach". Carsten hat sein "BORS-Praktikum" im "Quadrad" in Heidelberg absolviert, war dort auch schon Praktikant bei "Alta-Velo" und hat viele Jahre in der ehemaligen "Detlevs Fahrradstube" ausgeholfen. In seinem zukünftigen Ausbildungsbetrieb hat er ebenfalls ein freiwilliges Praktikum gemacht. "Ich fahre schon ewig viel Fahrrad, seit sechs Jahren hauptsächlich Downhill."
Damit ist aber noch nicht Schluss mit Ausbildung: "Nach der Ausbildung mache ich eine weitere dreieinhalbjährige Ausbildung zum Steuerfachangestellten, dann arbeite ich drei Jahre in dem Beruf und dann übernehme ich den Betrieb meines Vaters (Reinhold Stillner, Beratungsstelle der Vereinigten Lohnsteuerhilfe)." Die erste Ausbildung ist dazu da, "dass ich mein Fahrrad selber reparieren kann und nebenher eventuell einen Radladen betreibe", sagt er lachend. Sein Vater jedenfalls, "hat sich sehr darüber gefreut, dass ich den Betrieb übernehmen will". Bis September jobbt Carsten, natürlich im Bike-Center, und ist noch mit den Pfadfindern Silberreiher auf Tour.
Philipp Sauer (16) aus Rockenau war früher an der Steige-Grundschule, dann zwei Jahre an der Haupt- und Werkrealschule, bis er zur Realschule wechselte. Der (noch) Schülersprecher will Lehramt studieren, Lehrer ist sein Traumberuf seit der siebten Klasse. "Davor wollte ich mal Kapitän oder Polizist werden", sagt er lachend. Nun macht er zuerst ein "Duales Berufskolleg, Sozial in Teilzeit" an der Augusta Bender Schule in Mosbach. "Ein Jahr Schule im Wechsel mit einem Praktikum im Kindergarten St. Josef, dann ein Jahr Vollzeitschule mit dem Abschluss der Fachhochschulreife." Um dann an der PH-Heidelberg (Realschullehramt für Englisch, Erdkunde und Hauswirtschaft) studieren zu können, will er eine sogenannte Delta-Prüfung ablegen. Während des Schuljahres hat Philipp schon einige Stunden als "Vertretungslehrer" unterrichtet, was ihn in seinem Berufswunsch bestätigt hat. "Es ist ein tolles Gefühl, wenn die Schüler wegen einem etwas verstehen und wenn sie dies nicht tun, dass man es ihnen erklärt", sagt er. Der Konfiteamer und KG-Kuckuck-Jugendtrainer arbeitet "einfach gerne mit Kindern. Auch sein BORS hat er an der Steige-Grundschule absolviert. "Es ist zwar noch ein langer Weg, bis ich im Berufsleben stehe, aber ich werde alles dafür tun." Bis das Berufskolleg beginnt, bereitet sich Philipp "mental darauf vor"; außerdem wird er "Babys sitten" und Urlaub mit der Familie machen.