Von Martina Birkelbach
Eberbach/Gaimühle/Nähe Lübeck. Ein Schicksalsschlag - und oft gleich mehrere hintereinander: Manchmal kann sich das Leben ganz plötzlich verändern. Barbara M. (Name der Redaktion bekannt) landete vor fünf Jahren wegen ständiger Kopfschmerzen im Krankenhaus. "Es folgte eine große Hirnoperation, ein eigroßer Tumor hinter dem linken Auge und ein kleiner Tumor rechts wurden entfernt", schreibt die 49-Jährige. Auf einmal hat das Leben für sie einen ganz anderen Stellenwert bekommen: "Ich habe so viel Schlechtes erfahren und weiß jetzt das Gute zu schätzen".
Inzwischen geht es Barbara M. gesundheitlich wieder recht gut, aber sie "arbeitet ihr Leben auf" und hat einen Herzenswunsch: Sie möchte "Danke sagen" - einem Mann, den sie als 14-Jährige im Jahr 1982 in der Nähe von Gaimühle kennengelernt hat. Danken möchte sie ihm für "wunderbare Momente, seine Ehrlichkeit und ein großes Gefühl, das ich kennenlernen durfte".
Das erste Problem: M. wohnt rund 650 Kilometer von Eberbach/Gaimühle entfernt in der Nähe von Lübeck in Schleswig-Holstein.
Zweites Problem: Sie weiß nur noch den Vornamen des Gesuchten, Gerard. "Er kann auch Gerhard heißen", erklärt sie uns am Telefon. Nach der Operation könne sie sich an viele Einzelheiten nicht mehr erinnern.
Wie dem auch sei: Gesucht wird ein Gerard oder Gerhard, der Barbara M. (sie hieß damals mit Nachnamen Siemons) kennengelernt hat. Die 14-Jährige war 1982 mit einer Freundin im Haus Waldesruh in Gaimühle zur Erholungskur. Als sie eines Nachts ausbüxten, hofften sie darauf, Jungs kennenzulernen, die sie mit zum Tanzen nehmen. "Prompt hält in diesem Moment ein Auto mit wahnsinnig süßen Jungs, die uns um ein Date bitten. Verrückt und doof wie wir waren, hielten wir das für Schicksal und stiegen ein."
Die Fahrt ging wahrhaftig in eine Bar - "wohl nach Eberbach" - auch da ist sich Barbara M. heute nicht mehr ganz sicher. Gefahr hat die Jugendliche damals nicht gesehen. Heute, selbst Mutter von zwei Töchtern, denkt sie anders darüber; da "schrillen die Alarmglocken". Aber alles ist gut gegangen; die Jungs haben die Mädchen nicht ausgenutzt, alles war friedlich.
Barbara M. erlebte mit Gerard/Gerhard drei wunderbare Wochen. "Obwohl er schon älter war, hat er mich zu nichts gezwungen, er war ganz Gentleman." Ihr Herz hat er damit damals voll und ganz gewonnen. "Die ganzen drei Wochen haben wir im Auto ,Leaving on a Jet Plane‘ von John Denver gehört." Wenn sie das Lied heute hört, hat sie "noch immer Tränen in den Augen". Sie erinnert sich außerdem, dass er ihr ein Haus gezeigt hat, dass er gerade gebaut hat - sowie einen Baggersee, in dem er immer geschwommen sei. Ob das der Eutersee war, auch daran kann sie sich nicht mehr erinnern. Der Abschied ist furchtbar gewesen: "Er hat gewunken und mein Herz zerriss". Doch es kam noch schlimmer: Gerard schrieb Barbara M. einen Brief, doch ihre Mutter rückte den nicht raus. Sie solle warten, bis sie den Führerschein habe, und ihn besuchen könne. "Meine Mutter hatte Angst, dass ich mich da zu sehr in eine Sache reinstürze", sagt Barbara M. heute. "Ein Jahr später brannte unser Haus ab, alles wurde zerstört - und der Brief war natürlich auch nicht mehr da."
Heute sagt sie, sie habe sich damals nichts mehr gewünscht als endlich 18 Jahre zu sein, um ihn einmal besuchen zu können und dann, als die Adresse mit dem Brief verbrannt ist, "dachte ich, es würde nie mehr passieren".
Barbara wurde erwachsen, das Leben ging weiter. "Doch immer war da das Gefühl, Gerard noch einmal sehen zu müssen." Während der Zeit im Krankenhaus und auch danach suchte sie ihren "Traumprinzen" im Internet. Aber ohne Nachname hatte sie keine Chance. "Ein Name aus der Gruppe der großen Jungs ist mir noch bekannt, Peter Vyborny, oder so ähnlich." Eine romantische Geschichte, einige Schicksalsschläge. Aber Barbara M. ist trotz aller Romantik realistisch: "Ich bin nicht so naiv, dass ich mir eine Beziehung erhoffe. Ich erwarte auch kein romantisches Date, dann hätte ich ja auf eine Date-Line gehen können. Ich bin nicht so unrealistisch und hoffe auf den Mann meiner Träume. Ich würde einfach nur gerne Danke sagen."
Und damit Barbara "Danke" sagen kann, haben wir uns ihrer Geschichte angenommen.
Wer eine Idee hat, wo sich Gerard (oder Gerhard) heute aufhalten könnte, wer er ist oder (noch besser) wenn er sich vielleicht selbst an Barbara M. erinnert, kann eine kurze E-Mail schicken an unsere Redaktion: martina.birkelbach@rnz.de. Alle ernst gemeinten Mails oder Hinweise, die ihr bei ihrer Suche helfen, werden umgehend an Barbara M. weitergeleitet.