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Wölfe im Odenwald: "Wieso soll die Allgemeinheit dafür zahlen?"

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Von Felix Hüll

Eberbach. Es ist eine Binsenweisheit: Das eine ist die Wirklichkeit. Das andere ist, was über die Wirklichkeit öffentlich bekannt wird. Der erste Beleg für einen Wolf im Odenwald nach über 150 Jahren dieser Tage heißt nicht, dass Meister Isegrim nicht schon längst auf Eberbacher Gemarkung unterwegs war.

Genau das ist der Fall, sagt Jäger Rainer Olbert. Olbert beschäftigt zudem, dass neben der Freude über die wieder ergänzte Artenvielfalt in den Hintergrund zu geraten droht, welche Folgen diese Veränderung in der Natur für menschliche Existenzen haben kann. Olbert beklagt, darüber werde viel zu wenig nachgedacht. Er unterstellt, dass dies Methode habe. "Der Punkt kommt, in zehn Jahren oder schon früher, wo man sich Gedanken machen muss, wie wir Landwirtschaft in Deutschland weiter betreiben wollen."

Olbert hält es für unmöglich, den angedachten Schadensausgleich sowie Beihilfen zur Vorbeugung so zu finanzieren, dass etwa auf Dauer Viehhaltung wie bislang in wolfsfreiem Gebiet möglich bleibt.

Die Lasten für Landwirte, Schäfer oder andere Tierbesitzer werden zunehmen und bei manchen existenzbedrohende Ausmaße annehmen, behauptet Olbert.

Im Kreise der Jagdkameraden war länger schon bekannt, dass es mutmaßliche Wolfsbeobachtungen in und um Eberbach gab. Olbert nennt die Namen zweier Augen-Zeugen, die selbst aber namentlich nicht genannt werden möchten. Auf unsere Nachfrage hin bestätigen sie ihre via Olbert bekannt gemachte Aussagen. Danach wurde am 22. April zwischen Eberbach und Rockenau auf dem Verbindungsweg vom Neckar her hochkommend von Jägern ein Wolf gesehen und als solcher identifiziert.

Eine weitere Begegnung ergab sich am 23. April um 2.30 Uhr: da zeichnete eine Wildkamera bei Schwanheim, also ein im Wald installiertes Gerät, deren Sensoren Tiere selbst auslösen, ein Tier auf. Es ist allerdings nicht eindeutig zu identifizieren. Der Kamerabesitzer, Jäger, zeigte die Aufnahme sowohl anderen Waidfachleuten sowie Forstleuten, aber auch der Neunkirchener Wolfsbotschafterin Christine Günther. Deren einhelliger Meinung nach sei auszuschließen, dass es sich bei der Aufnahme um einen Hund handele. Weil die Rute (der Schwanz) nicht zu erkennen ist, halten es manche Betrachter für möglich, dass das abgebildete Tier auch ein Schakal sein könnte. Die seien hier selten, aber durchaus auch in Süddeutschland anzutreffen. Nicht zuletzt wegen der Uneindeutigkeit sah der Kamerabesitzer von einer weiteren Veröffentlichung seiner Aufnahme ab.

Zu seinen Beweggründen gehört aber auch die Sorge, dass Wolfsgegner das Tier gefährden könnten, "weil nicht alle den Wolf hier haben wollen."

Beutegreifer wie Wölfe, Luchse oder auch Greifvögel treten in Konkurrenz zum Menschen bei der Jagd im Wald. In Baden-Württemberg dokumentiert die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt in Freiburg die Rückkehr von Wölfen im Land. Auch der erschossene Wolf vom Schluchsee - ein Tier, das von einem in Niedersachsen bereits heimischen Rudel stammt - zählt dazu. Die Staatsanwaltschaft ermittelt hier, denn Wölfe dürfen nicht getötet werden.

Rainer Olbert sagt, mit dem Wiederauftreten von Wölfen hier zu Lande habe er als Jäger kein Problem. Ihn stört aber, dass all die überschwänglichen Befürworter insbesondere auf Seiten des Naturschutzes nicht bedächten, welche finanziellen Folgen dies nach sich ziehe, wenn Tierhalter ihre Schafherden, Pferde, Rinder, Alpakas/Lamas oder Geflügel schützen müssen.

Olbert hält es für unmöglich, all jene Flächen in den Odenwaldtälern, die von Schafen beweidet und damit gepflegt werden, mit bis zu zwei Meter hohen Zäunen zu umgeben.

Elektrozäune oder geringere Hindernisse nehme ein Wolf mit links, auch grabe er sich mitunter seinen Weg "unten durch". Hinzu komme, dass Tierhalter ja auch für das Verhalten ihres Besitzes verantwortlich sind, etwa wenn eine Herde in Panik auf Bahngleise renne.

Aus familiärer Erfahrung mit der Landwirtschaft weiß Olbert, dass die wirklich anfallenden Kosten etwa steigender Versicherungsbeiträge oft nicht von den in Aussicht gestellten Ausgleichszahlungen abgedeckt werden. Kleinere Betriebe stünden irgendwann vor der Entscheidung, aufzugeben oder weitere finanzielle Risiken zu schultern.

Olbert: "Früher hat man den Wolf bei uns ja nicht gejagt, weil er ein böses Tier war, sondern weil die Schäden einfach nicht tragbar waren. Wenn so ein Kleinlandwirt einen einen Wolf-Treffer hatte, dann war der Bauer kaputt."

Auch wenn heute bei niemand mehr das Überleben der Familie von nur ein paar Schafen, Ziegen oder einer Kuh abhänge, beeinträchtige die ständige Sorge um finanzielle Auswirkungen von Wolfsschäden und das Absichern vor Begleiterscheinungen bei einer absehbaren späteren Rudelansiedlung im Odenwald die wirtschaftliche Existenz in diesen Berufsgruppen. Und zu staatlichen Ausgleichszahlungen merkt Olbert an: "Wieso soll die Allgemeinheit dafür zahlen?"

Olbert erinnert an das Beispiel Biber - einst vom Aussterben bedroht, mittlerweile in manchen Regionen verstärkt kostenintensive Schäden anrichtend. Olbert fragt: "Muss man denn abwarten, bis wir an diesem Punkt sind?"


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