Quantcast
Channel: Eberbach
Viewing all articles
Browse latest Browse all 7182

In aller Stille abgewickelt: Eberbach verkauft Blockheizkraftwerk nach zwei Jahren Laufzeit

$
0
0

Von Jutta Biener-Drews

Eberbach. Nach nur zweijähriger Laufzeit musste 2016 das kleine Blockheizkraftwerk (BHKW) an der Kläranlage abgeschaltet werden. Den umweltschützerischen Erwartungen einer knappen Zwei-Drittel-Ratsmehrheit und des Bürgermeisters zum Trotz, ungeachtet einer von den Befürwortern als absolut wasserdicht dargestellten Wirtschaftlichkeitsberechnung der Stadtwerke war die Anlage von Anfang an nur eines: ein teurer Reinfall.

Das Defizit von 30.000 Euro schon im Jahr 2015 wäre binnen fünf Jahren auf 120.000 Euro angeschwollen. Auch der im Rat daraufhin kommentarlos und eher beiläufig gefasste Plan eines Standortwechsels zum Hallenbad wollte nicht aufgehen.

Inzwischen macht das Gerücht die Runde, dass das BHKW, in das mit erheblichem klimapolitischem Aplomb rund 168.000 Euro investiert worden waren, für 30.000 Euro an eine hessische Kommune veräußert worden sei. Eine offizielle Verlautbarung dazu lässt bislang auf sich warten. Was also ist wirklich aus dem kleinen Kraftwerk geworden?

Zu verantworten hatte die positive Wirtschaftlichkeitsberechnung der damalige Stadtwerksleiter Stefan Schwarz, der sie kurz vor seinem Absprung 2013 vorlegte. Sein Nachfolger Günter Haag bekam es mit der Untauglichkeit der fertigen Anlage zu tun. Der Diplom-Kaufmann, seit 2014 auf dem Posten, zog 2016 die Reißleine als deutlich wurde, dass dieses aus Faulgas Strom und Wärme produzierende Kraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 50 Kilowatt in der Kläranlage nicht funktionierte. So wurde die geplante jährliche Laufzeit von 6000 Stunden nur zur Hälfte erreicht, die Ausbeute an Methangas und der Betriebsbedarf des BHKW passten an diesem Standort überhaupt nicht zusammen. Haag erwähnte im Rat das Fehlen eines Gasspeichers. Dem Gemeindeparlament wurde daraufhin die Verlegung des BHKW ans Hallenbad empfohlen, nach einer Machbarkeitsprüfung aber auch wieder verworfen. Laut Haag machte die Kapazitätserweiterung der zwei hier schon vorhandenen BHKW keinen Sinn. "Es blieb also nur der Verkauf". Und ja, "wir haben das BHKW verkauft", bestätigt der Werkleiter diesen Teil des Gerüchts. Nicht jedoch den kolportierten Verkaufspreis von 30.000 Euro, obwohl er die Summe "realis-tisch" nennt: "Das Ergebnis fiel höher aus". Keine Aussage, um wieviel. Aber ein Hinweis: "Wir haben das BHKW, dessen reiner Anschaffungspreis wahrscheinlich bei 100.000 Euro lag, nicht unter Wert verkauft. Es war zwei Jahre in Betrieb, und wie Autos verlieren solche Anlagen in den ersten zwei Jahren am meisten an Wert". Der Käufer, soviel kann Haag trotz der mit diesem vereinbarten Vertraulichkeit verraten, sitzt in Bayern - ein Privatmann.

Und noch ein Hinweis: "Landwirte zum Beispiel stellen sich solche BHKWs auf den Hof, um Strom und Wärme zu erzeugen. Auch kleinere Firmen". Eins steht für Günter Haag aber fest: "Wir mussten handeln. Das Ding stand ja nur rum. Wir haben nicht mehr produziert. Je länger sich das hinzieht, desto schwieriger der Verkauf".

Von Verkauf war aber zumindest öffentlich nie die Rede. Im Gemeinderat wurde ausschließlich die Standortverlegung verhandelt. Eine Veräußerung der defizitären Anlage stand allem Anschein nach nur hinter verschlossenen Türen zur Debatte. Warum diese Option und ihre nun erfolgte Umsetzung öffentlich nie kommuniziert wurden? "Weil das Verkaufsverfahren noch läuft", antwortet Bürgermeister Peter Reichert auf Nachfrage. Reichert, der zu den entschiedenen Befürwortern dieses BHKW zählte, räumt aber ein: "Ich bin froh, dass die Werkleitung so entschieden hat". Und macht darauf aufmerksam, dass die Anlage 2016 bereits vollständig abgeschrieben wurde: "außerplanmäßig", steht im Bericht der Wirtschaftsprüfer - aufgrund des negativen Ergebnissen einer erneuten Wirtschaftlichkeitsuntersuchung.

Auch AGL-Sprecher Peter Stumpf beruft sich darauf, aus wirtschaftlichem Interesse der Stadt derzeit noch Stillschweigen bewahren zu müssen. Dabei setzte dieses völlige Stillschweigen aller Beteiligten schon deutlich vor dem Verkaufsentscheid ein. Die Alternativen Grünen gehörten 2013 nicht nur zu den überzeugtesten Verfechtern von BHKW im Allgemeinen, sondern auch dieses speziellen Blockheizkraftwerks an der Kläranlage. Und sie ließen damals auch keinerlei Zweifel am Wirtschaftlichkeitsgutachten der SWE zu. Die Stadtwerke hätten wirtschaftlich und sicher gerechnet, befand Energieexpertin Kerstin Thomson, "in der Berechnung ist sogar noch Luft nach oben" Peter Stumpf. Ganz sicher waren sich auch die Freien Wähler, Peter Wessely: "Das funktioniert!".

Und Bürgermeister Reichert nannte damals die von immerhin acht der 22 Räte geäußerten ökonomischen Bedenken erkennbar unwillig "nicht nachvollziehbar: Wir können hier kostenneutral etwas für den Klimaschutz machen!". In der CDU-Fraktion gab es aufgrund der Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Anlage eine Gegenstimme, die Mehrheit enthielt sich deswegen der Stimme. Desgleichen zwei SPD-Parlamentarier, die sich gegen die hohen Investitionskosten bei klammen Kassen und Haushaltssperre aussprachen.

Wie ist es möglich, dass sich die Verantwortlichen hier derart verrechnet haben? Peter Stumpf weist dies für die AGL zurück. Wirtschaftlichkeit und technische Umsetzung werde nicht von Gemeinderäten, sondern von Fachleuten und Ingenieurbüros berechnet, erklärt der Alternativgrüne. Man habe die Sache aber fundiert hinterfragt - und Experten und Planer hätten auf alle Fragen überzeugende Antworten gehabt. Außerdem: "Es gibt viele Kläranlagen, in denen ein BHKW durch Klärgas betrieben wird".

Stadtwerksleiter Günter Haag sieht das genauso: "Man kann nur auf Basis einer Wirtschaftlichkeitsberechnung entscheiden, die in diesem Fall positiv war".

Allerdings hätten sich auf regenerative Energieerzeugung in der Vergangenheit schon viele Kommunen und Stadtwerke gestürzt - "klar, umweltpolitisch ist das eine gute Sache". Und sich damit gewaltig überhoben: "Da wurden Millionen in den Sand gesetzt." 


Viewing all articles
Browse latest Browse all 7182

Trending Articles



<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>