Von Marcus Deschner
Hirschhorn. Prinz Manuel I. (Link) und Prinzessin Sandra I. (Kübler-Link) heißen die neuen Regenten der Carnevalgesellschaft Hirschhorner Ritter. Sie haben für die kommenden 31 Tage bis zum Aschermittwoch in der Neckarstadt das Sagen. Punkt 1 Uhr am Sonntagmorgen wurde das Geheimnis am Schluss der ersten Prunksitzung von Präsident Klaus-Jürgen Ehret gelüftet. Dem Prinzenpaar zur Seite steht Funkenmariechen Kristina Predikant.
Tränen flossen bei der Verabschiedung der bisherigen Regentschaft Lothar II. (Zink) und Tina I. (Czemmel-Zink) sowie Funkenmariechen Stefanie Mölle. Widerstandslos rückte Bürgermeister Oliver Berthold an die Tollitäten den Rathausschlüssel raus. Nicht ohne den Hinweis, in der Stadtkasse sei eh nichts zu holen. "Unser Motto kurz und knapp, bei uns regiert die Narrenkapp", ist heuer bei den Rittern die nur bis zum 14. Februar andauernde fünfte Jahreszeit überschrieben.
Eine besondere Ehrung wurde Sonja Schreyer zuteil, die seit 44 Jahren in der Ritterfastnacht aktiv und seit 33 Jahren als Trainerin engagiert ist: Ihr Konterfei ziert in verschiedenen Kostümierungen den bunten Jahresorden, der vielfach an diesem Abend verliehen wurde.
Pünktlich um 19.11 Uhr hatte Klaus-Jürgen Ehret nach dem Auftritt der Fahnenschwinger und Trommler um Peter Tamberg vor vollem Haus die Gäste, darunter lokale Polit-Prominenz, Landtagsabgeordnete Birgit Heitland (CDU) und Abordnungen befreundeter Vereine begrüßt. Dann ging’s Schlag auf Schlag im dicht getakteten sechsstündigen Programm, durch das Ulrike Schnetz, Martin Dudium und Horst Kern mit lockeren Sprüchen führten.
Büttenreden, Showeinlagen, Gardetänze und Musik wechselten sich ab, so dass die Zeit wie im Fluge verging. Die "Wonneproppen" glänzten zum Auftakt in Leuchtfarben. Als pfiffiger Sprössling erzählte Bastian Zink von seiner zickigen älteren Schwester. Dabei war’s doch früher mal so schön. Er wusste auch, dass Pubertät ist, wenn die Eltern schwierig werden. In blau-weißen Kostümen begeisterte die Minigarde, ehe der Deutsche Michel (Dieter König) nicht nur der Politik wieder mal tüchtig die Leviten las. Die sich zäh gestaltende Regierungsbildung mit der "Obergrenzenbande" oder einer "Profil suchenden SPD" mit einem Martin Schulz, der heute "so beliebt wie en Dieselmotor ist", holte er zum Rundumschlag auf Donald Trump, Kim Jong Un und andere aus. "Überhaupt war 2017 schlimm wie nie, da war das Comeback der Kelly-Family", hieb er weiter feste "druff".
Der Showblock entführte in die zauberhafte Welt von Peter Pan, Käpt’n Hook und ins Abenteuerland. Von der Midlife-Krise erzählte Bettina Gärtner und war sich sicher, dass für ihre körperlichen Temperaturschwankungen der Klimawandel verantwortlich ist. Häufig schwitzten ihre Hände dermaßen, "dass ich die zum Dampfbügeln benutzen könnte". Als tänzerische Talente mit großer Ausstrahlung stellten sich die Solisten dar und zeigten auch gekonnte Hebefiguren. Vom Bella Italia kam diesmal Pizzabäcker Camillo (Uwe Fellhauer). Bei dem rief sogar Jogi Löw an und bestellte "eine Pizza Endstazione". Bei "Bella Italia" unterstützten den Pizzabäcker Al Bano (Oliver Berthold) und Romina (Nadine Herbig), der ganze Saal machte lautstark mit.
Das Kriegsbeil ausgegraben hatten die "Rhythmix", weil der weiße Mann Feuerwasser ausschenkte. Doch schon bald zeigten die Indianer die Schönheiten der tänzerischen Natur. Nicht nur über "Männer im zweiten Frühling", sondern auch über die harten Stühle im Saal klagte der "Parodie-Express". Von "Geschichten, die das Leben schreibt", wussten "Da Capo" zu berichten und sangen gegen Terror und Gewalt an.
Die Texas-Helden von ZZ Top erwiesen sich zu Beginn der zweiten Halbzeit einmal mehr als Stimmungskanonen. Mit Tänzen begeisterten die Rasselbande-Tanzmädchen, ehe die "Zwillingsschwestern" Claudia Schück und Susanne Konrad liebevolle Sticheleien verteilten. Kostprobe: "Mein Mann findet mich nicht mehr attraktiv im Bett. Also hol’ ich mir halt eine Zweitmeinung ein". Elegant wirbelte das neue Funkenmariechen Kristina Predikant über die Bühne. Die betrat dann mit Günther Gärtner Görlitz (Lutz Schmidt) ein wohl bekanntes Lästermaul, das zum Bademeister umgeschult hatte. Er blickte in den Saal und wunderte sich über den kurzzeitig nicht besetzten Platz des Bürgermeisters: "Der fängt an wie der Sens", sächselte Günther unter dem lautstarken Gelächter des Publikums. Elegant bewegte sich die Prinzengarde bei ihrem Schautanz.
Waldemar Böhm wusste von seinem Ausflug in die Südsee zu berichten, das Männerballett unternahm unter anderem mit "Flashdance" eine Reise in die Vergangenheit. Die wieder großartig besetzten Millenniums hatten sich vor dem Finale zum Ziel gesetzt, mit dem Auftritt der Akteure in den verschiedensten Landestrachten einen Beitrag zur Völkerverständigung zu leisten.