Von Jutta Biener-Drews
Eberbach. Wirkungsvoll gegen das grassierende Insektensterben vorzugehen, ist in Bund und Land inzwischen viele Städte und Gemeinden ein Anliegen. Denn der auf kommunaler Ebene vorhandene Handlungsspielraum durch insektenfreundliche Bepflanzung von Rasenflächen, Straßenrändern und Verkehrsinseln und durch zurückhaltenderen Pflegeeinsatz ist bekanntlich nicht zu unterschätzen. 64 Kommunen im Ländle haben dazu ihre eigenen Konzepte entwickelt und sind damit in den vom NABU-Landesverband und dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft veranstalteten Wettbewerb "Natur nah dran" 2018 gegangen. Einer von 13 ausgewählten, die es bis aufs Siegerpodest geschafft haben, wurde im Eberbacher Rathaus erarbeitet: "Wir machen Verkehrsgrün bunt". Dafür, dass die darin enthaltenen Maßnahmen die biologische Vielfalt auch wirklich fördern und ihren Weg vom Papier in die Natur finden, bekommt Eberbach nun die Hälfte dessen, was es selber investiert: bis zu 15.000 Euro.
Insgesamt knapp 1400 Quadratmeter verteilt auf neun Flächen in der Innenstadt, als grüne Randerscheinungen im Verkehrsraum biologisch bisher zu nichts nütze, hat der städtische Umweltbeauftragte Klemens Bernecker für "Natur nah dran" erschlossen. Zwischen 30 und 360 Quadratmeter groß sind die bislang mit "Einheitsrasen aus Standardsaatgutmischungen" bewachsenen Sprengsel: vier Verkehrsinseln zählen dazu, Straßenkreuzungen flankierende Eckfelder, Rasenstücke in Kurvenbereichen und Grünstreifen, die Fahrbahnen von Geh- und Radwegen trennen. Sie alle sollen jetzt regelrecht aufblühen und Bienen, Schmetterlingen, Hummeln und Käfern Nahrung bieten. Mit "besonders auf das Insektenleben ausgerichteten blütenreichen Saatgutmischungen", die eigens zusammengestellt und den besonderen Anforderungen ihres Standorts angepasst werden.
Der NABU-Landesverband wird der Stadt bei der Umgestaltung fachkundig zur Seite stehen. Er wird individuelle Pflanzpläne erstellen und im Juli einen praktischen Workshop über den Umgang mit den Wildpflanzen abhalten. Der Ortsverband Eberbach, der nicht müde wird, für Artenvielfalt und Renaturierung von sogenanntem Verkehrsbegleitgrün öffentlich zu werben, wurde in das Projekt nicht einbezogen. Überrascht reagierte Vereinsvorsitzender Dr. Max Schulz auf die Nachricht vom Wettbewerbssieg. Schulz machte aber klar, dass so ein Projekt nicht so leicht umzusetzen ist: "Da braucht man schon Fachleute, die solche speziellen Samenmischungen zusammenstellen".
Auch die Stadt selbst betritt hierbei erklärtermaßen Neuland. "Die Projektflächen haben für uns auch Pilotfunktion", schreibt Bernecker in seinem Entwurf. Wenn sich die Flächen wie erhofft entwickeln und - ein weiterer Effekt von "Natur nah dran" - auch der Pflege- und Unterhaltungsaufwand für die Stadt verringern lässt, wäre dies aber der Startschuss für eine Ausweitung der Aktion. Deshalb wird auch ausführlich protokolliert werden, ob die Saat hinsichtlich der Besiedelung von Insekten aufgeht und die Zielsetzung einer einzigen Mahd pro Jahr erreichbar ist.
Für Klemens Bernecker steht aber fest: Zwar werden flächenmäßig zuerst nur kleine Brötchen gebacken. Entlang der Wilhelm-Blos-Straße/ L 2311, an der Friedrichsdorfer Landstraße, am Parkplatz "Grüner Baum", an der Einmündung Neckarstraße/B 37 oder in der Neckaranlage. "Aber auch der längste Weg beginnt mit dem ersten Schritt".