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Spatzennest Eberbach: Weniger Betreuung statt heftiger Erhöhung der Kita-Beiträge?

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Von Jutta Biener-Drews

Eberbach. Ist Krippenbetreuung im "Spatzennest" am Rosenturm noch bezahlbar? Eltern, die für ihre Kleinen einen Platz in der vom Verein "Postillion" getragenen Einrichtung haben, fragen sich das spätestens seit Bekanntgabe der bevorstehenden massiven Preiserhöhung. Mit einem Satz von 700 Euro für zehnstündige Betreuung und Verpflegung eines Kleinkinds, wie er hier ab September gelten soll, geraten vermutlich nicht nur Schlechtergestellte ans Limit. Dabei müssen Eltern mit den 610 Euro, die der Postillion bisher für diese Leistung verlangt, schon jetzt tiefer in ihre Taschen greifen, als sie es in den meisten anderen Kitas im Lande tun müssten. Welche Unterstützung es überhaupt für das "Spatzennest" und die Eltern der Krippenkinder gibt und was der Trägerverein Postillion zur aktuellen Diskussion sagt, haben wir beim geschäftsführenden Vereinsvorstand, im Rathaus und im Jugendamt nachgefragt.

"700 Euro, das ist stattlich!" war die spontane Reaktion der stellvertretenden Jugendamtsleiterin Stefanie Braner-Pöltl auf den elterlichen Spatzennest-Beitrag. Dabei deckt der lediglich 32 Prozent der für Postillion anfallenden Betriebskosten, den Löwenanteil von 68 Prozent trägt bekanntlich die Stadt. "Ungewöhnlich" nennt Braner-Pöltl dieses Betriebsmodell, meist würden zwei Drittel der Kosten von der öffentlichen Hand übernommen: "Auch der Träger muss einen gewissen Eigenanteil beisteuern", ist ihr das etwa von kirchlichen Trägern geläufig.

"Das mit dem Eigenanteil ist gut", lässt sich ungläubig der geschäftsführende Postillion-Vorstand Stefan Lenz dazu vernehmen. "Woher sollen wir den denn nehmen?" Laut Lenz ist im Rosenturm-Spatzennest, das zwanzig Kitaplätze bietet, hohe Mietkosten habe, fünf Betreuerinnen nach dem gültigen Personalschlüssel und mit Tarifvertrag beschäftigt und nach den neuen Tarifabschlüssen noch deutlich höhere Löhne zahlen muss, ist Kostendeckung also nur dann möglich, wenn die Eltern ab Herbst diese 100 Euro mehr bezahlen - oder die Stadt die Krippe eben höher subventioniert.

Dass hier in den vergangenen Jahren ein hoher Minusbetrag über - von Lenz nicht bestätigten - 28.000 Euro aufgelaufen ist, schlage sich allerdings nicht in den neuen Spatzennest-Sätzen nieder, betont der Geschäftsführer. "Dieses Defizit wird auf andere Bereiche im Verein verteilt". Und die Stadt wisse das. Ob er es für realistisch hält, dass Eltern in der Lage sind, 700 Euro für einen Krippenplatz aufzubringen? Das könne für ihn keine Frage sein, sagt Vereinsmann Lenz: "Wir müssen kostendeckend arbeiten, sonst nichts." Fakt sei allerdings, dass Eltern mit ihrem 32-prozentigen Betriebskostenanteil auch das Auslastungsrisiko aufgebrummt werde und sie so auch die nicht belegten Plätze in der Einrichtung mitfinanzieren müssten. Die Kita am Rosenturm ist ihm zufolge jetzt zwar zu 85 bis 90 Prozent ausgelastet, doch war dies nicht immer so.

Aus Lenz’ Sicht spricht nichts dagegen, dass von den ungewöhnlich hohen Kitapreisen ab September nur diejenigen Eltern betroffen sind, deren Kinder dann neu aufgenommen werden. "Die Einstiegsbedingungen der anderen Eltern waren ja andere". Für Elternvertreterin Vanessa Bani ist der Umstand, "dass mit den Altverträgen im Spatzennest jeder was anderes bezahlt", dagegen durchaus kritikwürdig.

Der Postillion will jetzt bei einem Elternabend am 14. Juni um Verständnis werben und zur Minderung der Beiträge unter anderem vorschlagen, die tägliche Betreuungszeit von zehn auf sieben Stunden zu verkürzen, wie dies schon im zweiten Spatzennest im Badehaus der Fall ist.

Betreuungspass für alle Eltern

Ob sich, wie die Spatzennest-Eltern fordern, die Stadt womöglich stärker als bisher in die Pflicht nehmen lässt und mehr als das gesetzliche Minimum in diese Kita investiert, muss der Gemeinderat entscheiden. Bürgermeister Peter Reichert hat bereits signalisiert, keinen Handlungsbedarf zu sehen. Zumal man außer der 68-prozentigen Kostenbeteiligung am Kita-Betrieb den Eltern über den sogenannten Betreuungspass hilft. Wer sich den besorgt, und das sind laut Robin Uhrig sämtliche Eltern am Ort, wird unabhängig von seiner wirtschaftlichen Situation um 50 Cent pro Betreuungsstunde entlastet. Uhrig, zuständiger Sachbearbeiter im Rathaus, erklärt, wie das im konkreten Fall läuft: Das Spatzennest rechnet die Zuschüsse monatlich direkt mit der Verwaltung ab. Und so verringert sich etwa am Rosenturm die Kitabetreuung für Eltern mit Altverträgen, die ab September 610 Euro bezahlen müssen, auf 502 Euro. Uhrig zufolge wurden auf diesem Wege allein Spatzennest-Eltern (an beiden Standorten) voriges Jahr um 27.000 Euro entlastet.

Wenn’s hart auf hart kommt, übernimmt auch das Jugendamt Betreuungskosten. Nach Darstellung von Stefanie Braner-Pöltl hängt die Latte aber sehr hoch bei der Berechnung dessen, als dabei was zumutbare Belastung zu werten ist. "Die Leute müssen ihre gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse im Prinzip wie bei einem Sozialhilfeantrag offenlegen": Einkommen, Belastungen, Kinderzahl - alles fällt ins Gewicht. Sozialhilfeempfängern gewährt das Jugendamt die Kitabetreuung aber komplett. Aktuell schüttet es an 84 Eberbacher Eltern Hilfen für Kinderbetreuung in jeder Form aus und finanziert ihnen diese ganz oder teilweise. Die fünf Kindergärten und fünf Krippen in der Stadt besuchen zur Zeit 471 Mädchen und Jungen; in den Kitas, darunter auch die Spatzennester, werden 56 Kleinkinder betreut.


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