Von Jutta Biener-Drews
Eberbach. Einen Präzedenzfall geschaffen hat der Bauausschuss mit seiner Entscheidung, den Neubau von sechs Stellplätzen im Breitensteinweg nicht zuzulassen, mit dem der Bauherr eines Wohn- und Geschäftshauses in der Bahnhofstraße 2 der Landesbauordnung (LBO) § 37 entsprechen wollte. Der Paragraf schreibt für neu gebaute oder als solche umgenutzte Wohnhäuser die Schaffung entsprechend vieler Kfz-Stellplätze und Fahrradabstellplätze vor.
Ist am Haus selbst kein Platz, können diese allerdings auch an anderer Stelle errichtet werden: in zumutbarer Entfernung von bis zu 300 Metern, aber auch ganz woanders, wenn es auf einem städtischen Grundstück geschieht. Dass sich der Ausschuss auf diese Regelung diesmal nicht einlassen wollte, hatte nicht nur mit der städtebaulich negativen Bewertung des Parkplatzprojekts zu tun.
Die Ablehnung berührte auch die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser Regelung, wie Christian Kaiser (AGL) es formulierte: "Wer parkt denn da oben?" Was nützen der Innenstadt Parkplätze, die irgendwo auf dem Berg oder an der Peripherie gebaut werden? Und was bedeutet das umgekehrt für die Altstadt: Hat der § 37 LBO das Zeug, der Altstadt-Entwicklung im Wege zu stehen?
Aus Sicht der Verwaltung "ist die Antwort Ja, der Stellplatznachweis wirkt in der Entwicklung durchaus limitierend", stellt Stadtbaumeister Steffen Koch auf Anfrage fest. Wobei dies nach seiner Darstellung aber nicht die Innenstadt als Geschäftszentrum betrifft.
Denn für Geschäftsnutzungen oder freie Berufe bietet die LBO die Möglichkeit der Stellplatzablöse, was Koch zufolge "auch oft so praktiziert wird". Die Stadt nimmt dafür 5000 Euro pro Platz, den es dann nicht gibt. Allerdings "stellt sich für den einzelnen (Geschäftsmann) natürlich die Frage, ob sich das dann je nach Anzahl der nachzuweisenden Stellplätze wirtschaftlich darstellen lässt", räumt Koch ein.
Dass dem Bauherrn in der Bahnhofstraße 2 eine Ablöse verwehrt ist, weil es bei ihm um Parkplätze für Wohnungen geht, sei "genau das Problem bei diesem Bauvorhaben" - also mit der Grund für die langwierige Baulücke an dieser exponierten Stelle an der Michaelskirche. Der Mann muss inzwischen ja seit über einem Jahr zappeln.
Ohne Parkplatznachweis, hatte im Ausschuss Karl Emig für die Bauverwaltung klar gemacht, wird es an dieser Stelle auch keine Baugenehmigung in der angestrebten Form geben. Alternative Flächen zum Breitensteinweg fehlten.
Und Emig machte dem Gremium auch unmissverständlich klar, worum es hier insgesamt geht: "Es gibt etliche Interessenten, die in der Altstadt was machen wollen und am Parkplatzproblem scheitern".
Konkret festmachen oder in eine Zahl fassen lasse sich dies von seiner Seite nicht, erklärte Steffen Koch dazu. Oft seien es "noch relativ unverbindliche Anfragen, insbesondere in Bezug auf Gaststätten-/Cafénutzungen, wo sich der Plan des Interessenten nach der Beratung erledigt hat".
Der Stadtbaumeister ist aber der Ansicht, dass die von der LBO mit der Verpflichtung zum Stellplatznachweis eingeräumten finanziellen und Standortalternativen geeignet sind, der entwicklungshemmenden Wirkung dieser Vorschrift den Stachel zu nehmen. Durch die Möglichkeit, "eine gewisse Flexibilität walten zu lassen, wenn der Stellplatznachweis nicht direkt am Ort des Bauvorhabens erbracht werden kann".
Die Stadt selbst, so Koch, hat in der Vergangenheit "für Geschäftsnutzungen die Ablöse stets befürwortet, um die weitere Entwicklung der Innenstadt zu gewährleisten".
Aber funktioniert das Ausweichkonzept auch, wenn sich die städtischen Gremien wie jetzt im Breitensteinweg quer stellen? Da die Anwendung dieser Regelung ein Kann und kein Muss und der Ausschuss frei in seiner Entscheidung ist, könne sie natürlich auch ins Leere laufen, "muss aber nicht", bleibt Steffen Koch zunächst unbestimmt.
Bemerkt aber an anderer Stelle, dass durch Verlagerung auf entferntere städtische Grundstücke "das Grundproblem dieser rechtlichen Möglichkeiten (des LBO) nicht gelöst wird: Der Stellplatz ist dann nunmal nicht im direkten räumlichen Zusammenhang mit der Wohnung oder dem Haus.
Das heißt, im Zweifel stehen die Fahrzeuge dann doch irgendwo in der Innenstadt und nicht auf dem nachgewiesenen Stellplatz." Ein Zustand, der immer wieder Kritik erreget, zuletzt von Rolf Schieck (SPD) im Bauausschuss.
Dass Eberbach des Problems durch eine politische Lösung Herr werden könnte - Stichwort: Parkraumkonzept - schließt der Stadtbaumeister aus. Damit werde es auch nicht gelingen, Flächen für bauordnungsrechtlich notwendige Stellplätze direkt im Zentrum zu schaffen.