Von Christofer Menges
Eberbach. Pfannen, Töpfe, Geschenkartikel, Deko, feines Porzellan: Über Jahrzehnte gehörte das Geschenkhaus Lang in der Bahnhofstraße zu den festen Einkaufsadressen in Eberbach. Bald ist damit Schluss: Das Geschäft schließt zum Jahresende, am Mittwoch um 9 Uhr beginnt der Ausverkauf.
Seit 46 Jahren ist Renate Lang-Wurm im Eberbacher Einzelhandel tätig; seit 35 Jahren führt sie das von ihren Eltern übernommene Geschenkhaus Lang in der Bahnhofstraße. Doch zuletzt wurde es auch für die in der Eberbacher Werbegemeinschaft seit vielen Jahren engagierte Geschäftsfrau immer schwieriger: Online-Shopping und verändertes Kundenverhalten setzten dem örtlichen Einzelhandel zunehmend zu. "Auf der einen Seite wollen die Leute beraten werden, auf der anderen Seite nicht mehr dafür bezahlen", sagt sie.
Zuletzt, bei "Feuer und Flamme", sei ein junges Pärchen bei ihr gewesen. Sie habe auf alles gezeigt: "Das gefällt mir. Das ist schön!" Er habe die Artikel teils samt Warencode abfotografiert. Dann seien die beiden wieder aus dem Laden gegangen - ohne etwas zu kaufen.
Neben der Online-Konkurrenz gebe es auch Druck durch Einkaufsmärkte auf der grünen Wiese, die ebenfalls Haushaltsartikel anböten. Zu sinkenden Umsätzen kämen steigende Kosten und zunehmende Bürokratie, zuletzt durch die Datenschutzgrundverordnung. "Ich kann den Wandel nicht aufhalten", sagt die Geschäftsfrau.
Bis der Online-Handel angefangen habe, habe sie auch immer mal Jahre gehabt, in denen es schlechter gelaufen sei. Die habe sie aber noch auffangen können. "Zuletzt haben viele Geschichten nicht mehr gepasst", sagt Lang-Wurm. Dazu gehören auch veränderte Lebensentwürfe: "Die Jugend lebt heute anders: Die Jungen haben keine Hochzeitstische mehr und kein Geschirr für 24 Personen mehr im Schrank."
Deshalb, und weil ihr Mann, der frühere Werkrealschullehrer Richard Wurm, nun auch schon seit zwei Jahren in Pension ist, ist bald Schluss. "Wir wollen noch was gemeinsam erleben", sagt Lang-Wurm. Die Söhne haben andere Berufswege eingeschlagen. Mit der Schließung endet dann auch eine mehr als 90-jährige Firmengeschichte: Großvater Oskar Lang gründete 1924 eine Spenglerei in der Brühlstraße, die Großmutter verkaufte Haushaltsartikel.
In den Dreißiger Jahren zog die Firma in die Bahnhofstraße 30, erweiterte ihr Angebot im handwerklichen Bereich und verkaufte neben Haushaltswaren und Porzellan auch Herde, Öfen, Radios, Fernseher, Elektrogeräte und Lampen. 1972 folgte der Umzug an den jetzigen Ort in der Bahnhofstraße 20. Mit der Übernahme 1983 stellte Renate Lang-Wurm das Angebot auf Porzellan, Haushaltswaren, Deko- und Geschenkartikel bekannter Marken um. Was nach dem Ausverkauf aus dem von ihr gepachteten Laden wird, ist noch offen.
Für ihre zwei Angestellten beginnt ebenfalls ein neuer Lebensabschnitt: Hannelore Reeb geht mit der Chefin in den Ruhestand. Maleen Braun, 26, die im Geschenkhaus ihre Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel absolviert hat, muss sich nach einer neuen Stelle umsehen. "Die findet mit Sicherheit was", sagt ihre langjährige Chefin, "das ist eine fitte Kraft."
In der EWG, in der Lang-Wurm seit Jahrzehnten engagiert und derzeit als Kassiererin tätig ist, will die Geschäftsfrau fürs erste aber noch weitermachen.
Dass das Geschenkhaus nun schließt, sieht EWG-Vorsitzender Dietrich Müller als "herben Verlust für die Bahnhofstraße": "Das tut uns allen weh." Letztlich spiegle sich inzwischen auch in Eberbach wider, was landauf, landab passiere: Angesichts der Online-Konkurrenz breche der traditionelle Handel weg. "Ob die Lücken zu stopfen sind, weiß ich nicht", sagt Müller. Gestern Abend traf sich die EWG zu einer Arbeitsrunde, um angesichts des Wandels frische Ideen zu sammeln.
Am Geschenkhaus, wo am Dienstag der Ausverkauf vorbereitet wurde, drückten sich schon etliche die Nasen an der Scheiben platt. Einige winkten. Heute beginnt für Renate Lang-Wurm und ihre treuen Kunden nach über vier Jahrzehnten im Eberbacher Handel der Abschied.