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Hohenstaufen-Gymnasium Eberbach: "Design thinking" ist auch 2019 im Unterricht hoch im Kurs

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Von Felix Hüll

Eberbach. Bestenfalls ein Lächeln zaubert Lehrer Lämpel jenen aufs Gesicht, die Wilhelm Buschs Karikatur des Orgel spielenden und Pfeife rauchenden Pädagogen von "Max und Moritz" (er)kennen. Die Skizze dieser Lehrerpersönlichkeit stammt von 1865 - wer weiß, wie man in 154 Jahren über heutige Unterrichtsgestalter denkt? Möglicherweise kommen sie einem dann ähnlich weltfremd und lachhaft vor - und das vielleicht sogar noch viel früher als erst im Jahr 2173.

"Wenn man erfolgreiche Lösungen anschaut, stellt man oft fest, dass diese Methode - vielleicht sogar unbewusst - angewandt worden ist." Oberstudiendirektorin Anja Katzner, die Leiterin des Hohenstaufen-Gymnasiums (HSG) spricht über "design thinking". Im Berufsalltag von morgen zählen Teamfähigkeit, Austauschvermögen und vor allem Kreativität beim Beschreiten von Lösungswegen fast noch mehr, als das auch erforderliche, erworbene Sachwissen. Und "design thinking" ist etwas ganz anderes, als etwa in Frontal- oder Gruppenunterricht Fremdsprachen zu vermitteln oder die Einzelheiten im Gesetzgebungsverfahren im Bundestag.

"Zur Verfügbarkeit von Wissen kommt das Verfügbar-Machen hinzu. Ich brauche Kompetenzen, um mein Wissen auch anwenden und nutzen zu können." Das sagt Tobias Gerber, am HSG Lehrer für Deutsch, Geschichte und Gemeinschaftskunde. Bei "design thinking" gehe es nicht allein darum, einmal abgespeichertes Wissen zu einem Anlass verlässlich hervorzuholen. Gerber: "Ziel ist, komplexe Probleme gemeinsam zu lösen." Bei "Design thinking" soll Mehrwert, soll Neues dadurch entstehen, dass alle Beteiligten im Team vernetzt daran arbeiten, gemeinsam das Angestrebte zu erreichen, sei es ein neues Konzept für eine bessere Berufsorientierung an Gymnasien, eine neue Schülerzeitung oder ein neu gestalteter Schulhof.

"Zentral ist die Haltung, die dahinter steht", betont Lehrer Gerber. "Man wendet bei design thinking viel Zeit und Ressourcen dafür auf, um das Problem zu definieren." Wer ist alles von einer geplanten Veränderung betroffen? Muss noch jemand mit eingebunden werden? Was hat derjenige für Vorstellungen? Wie passen die zu den Anforderungen? Was bedeutet das für den Weg zur Lösung?

"Die Methode hat zudem eine Fehlerkultur", erklärt Direktorin Katzner. Sie erfordert "Ausprobieren, Prototyp schaffen, nachbessern - und erlaubt ist auch ein schnelles, häufiges Scheitern.

Katzner: "Fehler sind eine wichtige Voraussetzung, darauf aufbauend von neuem ansetzen zu können."

Für die eigentlich schon seit 2014 in verschiedenen Schulbereichen angewandte neue Methode "design thinking" hatte das HSG im Oktober 2018 eine Auszeichnung samt Preisgeld erhalten (wir berichteten). Damit wird nun ein spezieller Unterrichtsraum ausgestattet, in dem beweglich umstellbares Mobiliar, Hilfsmittel wie Pin-Wände und eine angenehmere Gestaltung kreative Austauschprozesse beschleunigen helfen sollen.

Mathilde Stähle-Buchta vom HSG-Schulleitungsteam, selbst Lehrerin für Deutsch, Gemeinschaftskunde, Geschichte, Ethik, Literatur und Theater, preist die Chancen dieses neuen Ansatzes: "Es verändert die Diskussionskultur. Es ist ein hohes Maß an Ernsthaftigkeit; Schüler erleben dabei, was sie alles können und sind selbst erstaunt darüber."

Anne Schmehling, stellvertretende Schulleiterin, greift den Gedanken auf, dass eine besonders gestaltete Umgebung Einfluss hat auf das, was in so einem Raum zwischen Menschen geschieht: "Schülern fällt es leichter zu fragen, was brauche ich, um kreativ sein zu können? Und gemeinsam Antworten darauf zu finden." Sie erleben die Verantwortung dafür, gemeinsam zum Nutzen aller Ergebnisse zu erzielen. "Wir hoffen, dass sich das auch auf andere Schulbereiche übertragen lässt", sagt Direktorin Katzner.

Klar bleibt: ohne einen Grundstock an vorhandenem Wissen ist auch eine Ideen-Suchrunde aufgeschmissen. Zwei plus Zwei bleibt vier - egal, wie lange darüber diskutiert wird. So bestätigt Fachabteilungsleiter Dr. Matthias Hauck vom Schulleitungsteam: "In Mathe und Physik ist design thinking eher nachgeordnet." Aber schon beim Anwenden der Kenntnisse etwa zum Erstellen von gemeinsamen Klassenaufgaben oder Wettbewerbsbeiträgen lasse sich die Methode wieder einsetzen. Hauck:; "Die Mischung macht’s. Und immer mehr Lehrer setzen sie bei uns ein - und finden’s gut."


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