Eberbach. (MD) "Man braucht Zeit und Geduld. Ich hab’ jetzt beides", lacht Uli Frey und zeigt auf die große Märklin-Anlage im Obergeschoss des Vereinsheims der Eberbacher Eisenbahnfreunde im Nebengebäude der Dr. -Weiß-Schule: "Da steckt noch einiges an Arbeit drin."
Der langjährige Verkaufsleiter eines großen Eberbacher Unternehmens ist mittlerweile im Ruhestand und kümmert sich um die Digitalisierung der Anlage. "Wie jeder Jugendliche auch" bekam Frey im zarten Alter "von acht bis zehn Jahren" eine Modelleisenbahn geschenkt. Doch als es an die Berufsausbildung ging, sei das Hobby wieder eingeschlafen.
"Vor etwa 20 Jahren habe ich dann wieder einen Anlauf genommen und Lokomotiven gesammelt", berichtet der gelernte Maschinenbauer. Als er vor einigen Jahren aus dem Beruf "hinausgeglitten" sei, habe er sich wieder stärker mit Modelleisenbahnen befasst und zu Hause eine Versuchsanlage aufgebaut, da ihn die Digitalisierung interessierte.
Dafür habe er sich verschiedene Komponenten besorgt und eingebaut und sich zu dem Thema "viel angelesen". Dann sei er auf die örtlichen Eisenbahnfreunde gestoßen, die einen Einführungskurs dazu angeboten hätten, und bei dem Verein Mitglied geworden. Nach dem Tod eines anderen Mitglieds vor einigen Monaten, das auf dem Feld der Digitalisierung sehr engagiert gewesen sei, betreue er die Märklin-Anlage nun auf technischer Ebene. "Landschaftsbau machen andere", stellt er klar. Bereits vor geraumer Zeit sei im Verein beschlossen worden, an der Anlage eine neue Steuerung einzubauen. Denn das bisherige Uhlenbrock-System sei in die Jahre gekommen und technisch anfällig geworden, weshalb man es außer Betrieb genommen habe.
Nun habe man auf das System CS3 plus, eine Märklin-Entwicklung, umgestellt. Wobei "CS" für Centralstation steht. In dieses können mehrere hundert Loks "eingepflegt" werden. Vom Pult aus haben Frey und seine Clubkollegen jederzeit Zugriff auf die 14 Züge, die derzeit auf dem Diorama stehen. Dazu gehören Klassiker wie der rote alte Schienenbus oder auch die moderne S-Bahn. Auch Weichen und Signale werden damit angesteuert. Frey drückt kurz aufs Display und schon hebt und senkt sich der Arm eines Gleisbaukrans. "Wir machen jetzt erst mal Pause", ertönt plötzlich digital die Stimme des Chefs der Gleisbautruppe.
"Der Gleisbauwagen hat 24 verschiedene Funktionen", klärt Uli Frey auf. Zusammengerechnet "rund eine Woche" Arbeitszeit habe er für das Digitalprojekt schon investiert, sagt der 74-Jährige. Er rechnet damit, dass noch zwei bis drei Wochen nötig sein werden, "dass wir ordentlich auf der Anlage fahren können". Die Straßen- und Häuserlämpchen werden beispielsweise derzeit noch manuell gesteuert. Über die neue digitale "Grundanlage" soll dann auch noch ein weiteres Steuerungsprogramm "gestülpt" werden, damit die Zugabläufe völlig automatisiert werden können.
Frey erläutert auch, dass das Traditionsunternehmen Märklin bereits vor knapp 30 Jahren mit dem Delta-System die erste digital gesteuerte Anlage auf den Markt gebracht habe. Natürlich kein Vergleich mit dem heutigen Stand der Technik. Und man könne auch ältere Loks durch den Einbau eines entsprechenden Chips auf die neue Technik umstellen. Die Nachrüstung koste je Lok etwa 30 Euro und erfordere etwas Geschick.
Wenn die Märklin-Anlage komplett digitalisiert ist, wird’s bei den Eisenbahnfreunden auch wieder einen Tag der offenen Tür geben. Die bisher grundsätzlich Ende November durchgeführte Veranstaltung fiel vergangenes Jahr wegen der Digitalumrüstung aus.