Von Martina Birkelbach
Neckarwimmersbach. "Ich wurde gar’ nicht gefragt", sagt Torsten Schmidt. Als er 18 Jahre alt war, wollte die Frauentanzgruppe der KG Urmel "etwas Bayrisches" machen. "Die Frauen waren Männer, die Männer, die die Frauen sein sollten, wurden von den Frauen bestimmt." Torsten und sein Vater Franz Schmidt gehörten dazu. Also wurde der heute 47-Jährige Urmel-Mitglied - und ist es immer noch. Zusätzlich ist er inzwischen im Elferrat, in der Showgruppe Klinge, Trainer des Männerballetts, und seit 2013 ist er Regisseur, also "Reschisser".
Außerdem präsentiert er ab und an eine Showeinlage mit seiner ihm angetrauten Zierlichkeit Bernhard "Lungo" Walter. 2016 wurden die beiden im Innenhof des Pulverturms vom hauseigenen Pfarrer Christian Nahm vermählt. Das 2016er-Prinzenpaar "Ihre Zierlichkeit Urmelette Lungo das I." und "Seine Erhabenheit Prinz Torsten der I. vom Hungerbuckel" sind immer noch mehr oder weniger glücklich verheiratet; "solange bis ein neues Prinzenpaar nachkommt".
Es lief nicht immer alles glatt bei den beiden Hoheiten. "Wir waren schon bei einer Eheberatung", verrät Prinz Torsten. Am 11.11. haben sie sich wieder zusammengerauft. "Scheidung ist derzeit kein Thema mehr bei uns. Außerdem küssen wir uns auch wieder öffentlich und wir haben schon mal die Zähne getauscht", so seine Erhabenheit.
Als Reschisser hat Schmidt einige Aufgaben zu erledigen. Etwa drei Monate nach jeder Kampagne verschickt er Mails mit der Frage, wer das nächste Mal wieder dabei sein wird. "Im Sommer/Herbst frage ich nach, ob alles noch so bleibt." Er klärt Themen ab, Reden, Musik, Requisiten und alles Weitere, was für den Auftritt benötigt wird. "Requisiten und Kostüme sind bei uns meist Handmade, gekauft wird nur wenig. Außerdem gibt’s den Bastler Seppl, und auch Wolfgang Wettig und Thomas Weber sind Baumeister."
Im Herbst/Winter stellt Schmidt das Sitzungsprogramm "grob zusammen", er sammelt die Musik von den Gruppen ein, stellt sie für den Soundtechniker zusammen. Bei der Generalprobe, immer eine Woche vor der ersten Sitzung, gibt’s dann ein "Feintuning". "Wir arbeiten da im Verein alle zusammen, geben Hilfestellungen." Schmidt schreibt das Sitzungsprogramm, das Programm für die Soundtechnik und die Regieanweisung.
"Bei uns kann es passieren, dass wir in den drei Sitzungen jeweils drei unterschiedliche Programme haben", sagt der Reschisser lachend. Er organisiert zudem noch die Gastauftritte bei befreundeten Vereinen, er plant die Manöverkritik nach der Kampagne und den Auftritt bei "Walters Christbaummarkt". Auch für die Pflege der Urmel-Facebook-Seite ist er mit zuständig.
Größere Pannen gab es bislang noch nicht, nur kleinere: "Ein Mädchen hatte mal die Schuhe vergessen, es tanzte einfach barfuß. Und bei einem Auftritt von Karl Beisel als Jäger verhedderten sich Headset und Gewehr. Ihm musste geholfen werden". Schmidt selbst hatte auch mal eine vergnügliche Situation: Seine Strumpfhose rutschte bei einem Auftritt als "ABBA" unterm Minirock bis auf Kniehöhe, ohne dass er es selbst gemerkt hat. Dafür haben es die Zuschauer gemerkt und die anderen Urmel haben natürlich geholfen, alles wieder zu richten.
Da die Urmel "eine große Familie sind, hilft man sich immer gegenseitig". Es kann auch sein, dass jemand vor einem Auftritt krank wird oder ein Kind bekommt. Womöglich ist das noch jemand, der eine Doppelbesetzung hat, "dann wird eben improvisiert".
Die Urmel haben inzwischen weit über 333 Mitglieder, viele davon werden bei den drei Sitzungen auf der Bühne stehen. "Wir haben jetzt so viele Mitglieder, dass wir die Urmelminis sogar noch in zwei Gruppen aufteilen mussten, in die ganz kleinen Urmelelfen und die etwas größeren kleinen Urmelstrolche."
Natürlich ist auch das Urmelinchen (Samira Schmidt) wieder mit dabei (ein Urmelinchen ist in etwa ein Mariechen), ebenso die Urmelteens, die Young Urmels und "Get Freaky". Auf den diesjährigen Sitzungen mit dabei sind zudem "Petronella Knorzel", die "Showgruppe Klinge", Lungo, Christoph Braun und Simon Koch sowie eventuell noch andere Mitglieder.
Seit vergangenem Jahr finden alle drei Sitzungen im SV-Heim statt, "98 Gäste passen da rein, die Sitzungen sind immer alle ausverkauft. "Die Urmelmitglieder kommen keinesfalls nur aus Neckarwimmersbach, sondern "überall her". Sogar aus Ofterschwang im Oberallgäu. Joachim Schwab hat den Urmel-Vorsitz seit 1978 und wird immer wieder ohne jegliche Gegenstimmen gewählt; Vize ist Renate Konradi.
Zurück zu Reschisser Schmidt: Sein Steckenpferd, neben der Regie, ist und bleibt das Männerballett. Als Trainer hat er eine hohe Verantwortung für die siebenköpfige Gruppe. Und natürlich will er sie groß rausbringen. Das Ziel "Las Vegas" liegt gar nicht mehr so weit entfernt: "Wir treten zum vierten Mal bei der Frauenfastnacht im fernen Dielbach auf, werden inzwischen schon außerhalb der Faschingszeit für Geburtstage oder Hochzeiten gebucht und hatten sogar schon einen Auftritt über die Landesgrenze hinaus - in Michelstadt", sagt er mit stolzgeschwellter Brust.
Warum Schmidt sich so bei den Urmeln engagiert? "Ich arbeite gerne mit verrückten, tollen Leuten zusammen. Und ich arbeite so gerne mit meiner Prinzessin Urmelette zusammen - das muss Liebe sein", sagt er, und bekommt leuchtende Herzchen in den Augen.