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Eberbach: Wie Klaus Eiermann den Gemeinderat erlebt

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Von Jutta Biener-Drews

Eberbach. Klaus Eiermann ist als Gemeinderat ein Spätberufener. Schwer nachzuvollziehen: bei dem Temperament - und bei dem hochtourigen politischen Temperament soll dieser Mann wirklich erst mit 62 Jahren kandidiert und so lange stillgehalten haben? Er konnte nicht anders. Klaus Eiermann war bei der letzten Kommunalwahl 2014 als leitender Kreisverwaltungsdirektor erst zwei Jahre im Ruhestand. Und ein Beamter darf bekanntlich nicht in die Kommunalpolitik. Er hatte zu diesem Zeitpunkt 44 Jahre Berufserfahrung angesammelt, zuletzt 1300 GRN-Mitarbeiter in zwei Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen unter sich und war für ein 6-Millionen-Euro-Budget verantwortlich. Und weil am Beginn seine Laufbahn die Rathäuser in Schönbrunn und Eberbach standen, konnte Klaus Eiermann bei seiner Kandidatur vor fünf Jahren von sich sagen: "Ich weiß wie ein kleines Rathaus funktioniert, wie ein großes Rathaus funktioniert und wie der Kreis funktioniert!" Und er sagt es auch heute. Mit sichtlicher Genugtuung, aber ohne Gschaftlhuberei.

Überhaupt fällt seine Bodenhaftung, seine Nahbarkeit sofort auf an diesem Finanzexperten im karierten Hemd, diesem Stamm-Eberbacher mit seinen über zwanzig Generationen zurückreichenden Wurzeln. Bürgernähe? Ganz, ganz wichtig. Geht er durch die Bahnhofstraße, darf er nicht auf die Uhr schauen. "Da sprechen mich fünf Bürger an, ich hab’ immer einen Zettel dabei", sagt er. "Menschen aus allen Himmelsrichtungen" wenden sich an ihn, und "ich kümmere mich, guck mir alles selber an und stelle dann die nötige Verbindung her - zum Bauamt, zum Ingenieurbüro, auch zum Bürgermeister". Gemäß dem, was er sich in Anlehnung an den Wahlkampfslogan seiner SPD selbst aufgegeben hat: "Hinfahren (zum Bürger). Zuhören. Helfen". Was ihn allerdings davon abhält, klipp und klar zu werden, wenn sich nach seinem Dafürhalten was nicht machen lässt. Auch darin ist er stark.

Klaus Eiermann sieht sich als Rat drei Dingen verpflichtet: seinem Sachverstand als Verwaltungs- und Finanzfachmann, seinem Eberbach und seiner "sozialpolitischen Ader". Seine Unabhängigkeit ist ihm heilig. Jawohl, für seine Frau und deren Saunagruppe ist er schon mal gegen die Saunaschließung eingetreten. Das brachte ihn "in einen kleinen Konflikt zu sich", man sieht’s ihm an, wenn er davon spricht; das hatte ein "Gschmäckle" für ihn. Aber, beteuert er, das sei nun wirklich das einzige Mal in dieser ersten Wahlperiode gewesen, dass persönliches Interesse im Spiel war.

Geregelte Finanzpolitik ist für Eiermann das A und O seines kommunalpolitischen Wirkens, der Schlüssel zu allen gestalterischen Möglichkeiten. Und Sparsamkeit hält er in Eberbach für die einzige Option, um handlungsfähig zu bleiben. Diesbezügliches "Abenteurertum", so wie er es versteht - wenn es für einen visionären "Superplan" keine Entsprechung im Haushalt gibt; oder dieser supergünstige Kredit die hoch verschuldete Stadt in seinen Augen nur noch weiter in die Verschuldung reiten wird - fordert Rat Eiermann zu hundert Prozent heraus. Die Rathauspolitik des Reichert-Vorgängers, die er deswegen sehr kritisch sieht, nennt er als wichtigsten Grund dafür, sich vor fünf Jahren um ein Ratsmandat beworben zu haben. Er wollte mithelfen, die Lage wieder zum Besseren zu wenden, Eberbach voranzubringen. "Solide Ratsarbeit" ist das, was er damals wie heute als seinen Auftrag versteht; und wer ihm da einen zu unernsten Ton anschlägt, kann erleben, wie aus dem stets kämpferischen und leidenschaftlichen Klaus Eiermann jeglicher Humor entweicht.

Dass sich die eigene Position bei ihm auffallend oft nicht mit der seiner SPD-Fraktion deckt, will Eiermann so nicht wahrhaben. Er ein Abweichler? "Zu 80 Prozent herrscht Übereinstimmung!". Vor fünf Jahren, in seiner Anfangsphase, sei die Zusammenarbeit schon schwierig gewesen, gibt er zu. "Aber das hat sich stabilisiert, es läuft jetzt gut". Ohnehin sei ihm am Anfang vieles im Rat zu langsam gegangen - "ich bin ein ungeduldiger Mensch!" -, und er hält im Sinne der Bürgerfreundlichkeit viele Abläufe für zu kompliziert.

Auf die Sozialdemokraten lässt er aber nichts kommen, schon aus alter Familientradition. Schon mal über einen Fraktionswechsel nachgedacht? "Um Gottes Willen!" wirft Eiermann die Arme hoch, als sei ihm gerade ein unmoralisches Angebot gemacht worden. Natürlich stünden ihm auch außerhalb der SPD Ratskollegen nahe, an denen er Ehrlichkeit, Offenheit, Haltung schätzt oder deren Überzeugungen er teilt. "Ein stromlinienförmiger Abnicker bin ich nicht". Aber die ideologische Scheuklappenpolitik sei ja gottlob vorbei. Ohnehin stehen in der Kommunalpolitik ja Persönlichkeiten zur Wahl.

Einer Wahl, der Eiermann selbst jetzt "völlig entspannt" entgegengeht, wie er sagt: "Weil ich mir einbilde, gute Arbeit geleistet zu haben". Und wenn die Wähler das anders sehen? Würde ihn das kränken? Das nicht, sagt der Kandidat, aber am Selbstbewusstsein kratzen.


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