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Geo-City-Tour: Darum ist Eberbach geologisch interessant

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Von Elisabeth Murr-Brück

Eberbach. Ein Gedankenspiel: der Katzenbuckel, bekanntlich ein erloschener Vulkan - ausgeschlossen, dass der nochmal ausbricht? Ja, sagt die gängige Lehrmeinung, Jein, sagt Dr. Bernd Strey. Aber der Katzenbuckel ist nur eine Randerscheinung auf der Geo-City-Tour am Freitagnachmittag.

Strey ist gebürtiger Odenwälder, hat in Heidelberg Geografie und Geologie studiert, nach Berufsjahren in Düsseldorf kam er vor fünf Jahren zurück nach Waldkatzenbach. Und stellte einigermaßen verwundert fest: Man lebt hier in einer der geologisch interessantesten Regionen Deutschlands, einem deklarierten Geo-Naturpark, aber themenbezogene Führungen gab es nicht. "Dann mach ich es eben", beschloss er.

Knappe zwei Stunden durch die Erdgeschichte von Eberbach und Umgebung, man kann sich das auch auf der Schautafel vor dem Naturparkzentrum anschauen, dorthin führt Strey die Gruppe dann auch erst einmal. Schichten, Tektonik: wie ist der Boden unter unseren Füßen aufgebaut und warum ist er jetzt so wie er ist? Im vorderen Odenwald dominieren kristalline Gesteine: Granit, Gneis, alte Schiefer und der omnipräsente Buntsandstein. Und Basalt mehrerer vorzeitlicher Vulkane.

Ob sich neben ihren längst verstopften Hauptschächten neue bilden könnten, scheint eine eher akademische Frage. Bis heute spürbar sind hingegen die Folgen eines gewaltigen Ereignisses, das gleichfalls 50 Millionen Jahre zurückliegt und immer noch nicht ganz zum Abschluss gekommen ist. Im heutigen Rheintal, auf der Höhe zwischen Basel und Wiesbaden, reißt die Erdkruste auf und der Boden sackt an die 5000 Meter nach unten, dabei werden Odenwald und Pfälzerwald angehoben und schräg gegeneinander verschoben.

Der Rheingraben setzt sich noch weiter fort, unterirdisch, sagt Bernd Strey: "Das Ganze ist Teil eines riesigen Grabenbruch-Systems von Ostafrika bis zum Oslo-Fjord in Norwegen". Der Oberrheingraben senkt sich weiterhin, um 0,1 bis 2 Millimeter im Jahr, was in der Summe nicht folgenlos bleibt: "Im Elsass hat jedes ältere Haus Risse".

Dass Mannheim aber nicht ein paar Kilometer tiefer liegt als Heidelberg, liegt unter anderem an den Abtragungen, die der Neckar im Laufe der Jahrmillionen mit sich brachte. Entsprungen im Schwenninger Moos ("Die gezeigte Quelle in Schwenningen ist künstlich angelegt"), hat er sich nach Norden vorangearbeitet und dabei immer wieder seinen Lauf geändert. "Den wildesten und schönsten Fluss Deutschlands" nannte ihn Marc Twain 1878, von der Wildheit, die auch der keltische Name bezeugt, ist nach der Begradigung und 27 Staustufen nichts mehr da.

Maximal 750 Meter in der Stunde beträgt die Fließgeschwindigkeit zwischen Lauer und Neckarknie, wo der Neckar seinen nördlichsten Punkt im Odenwald erreicht und ein flussgeschichtliches Ausnahme-Phänomen wird. Hier kam es zu einer sogenannten Fluss-Umkehr, als der Neckar ein anderes, südwärts fließendes Gewässer erreichte und gewissermaßen angezapft hat. Der Neckar legt den Rückwärtsgang ein, entwässert in die Ur-Donau, bis sich die (noch nicht vorhandene) Schwäbische Alb hebt, Jagst und Kocher sich nun ebenfalls in den Neckar ergießen, im Westen Steinach und Elsenz den Neckar anzapfen und diverse erdgeschichtliche Umbauten seinen heutigen Lauf festlegten.

"Einfacher wäre der Weg durch den Kraichgau gewesen", meint Strey, dann läge heute Sinsheim am Neckar. Er prallt an Hügelketten, gräbt sich durch und lässt das Flussbett um die vormaligen "Umlaufberge" austrocknen.

Das Eine und Andere ist den Zuhörern bekannt, so ungefähr, Strey vernetzt die Details, stellt Zusammenhänge her und stellt manche Legende richtig. An der Brücke zeigt er auf einen abgetrennten Bereich am südlichen Ufer, ein naturähnliches Biotop, klein, aber offenbar erfolgreich. Und auf die Treppe zur Brücke, Sonne würde er sich jetzt wünschen, dann könnte man sehen, wie die Stufen glitzern "als wären Diamantsplitter drauf".

O.k., Glimmer ist günstiger, er ist ein typischer Bestandteil des Buntsandsteins, um den es jetzt geht. Der heißt nicht ohne Grund so: von ockergelb bis zinnoberrot reicht das Farbspektrum, dunkel abgesetzte Linien, wie Ornamente, Sprenkel, kein Stein gleicht dem andern. An der Michaelskirche (auch wenn ihre Steine im nahen Hessen auf der Höhe von Pleutersbach abgebaut wurden), sollen die Teilnehmer selbst nach Auffälligkeiten suchen, Strey wird sie erklären: Kleine Löcher, die früher mit Ton gefüllt waren, manchmal ist er auch noch drin.

Tongallen, Pseudomorphosen, Knubbel, die aussehen wie Kaugummi, tatsächlich aber Quarz sind, erklärt Strey: "Gehen Sie ruhig ganz nah ran, in der Geologie beißt nichts und nichts sticht!"


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