Von Felix Hüll
Eberbach. Für Stadtrat Michael Schulz sind die Daten im neu aufgelegten Windatlas für Baden-Württemberg ein weiteres Indiz dafür, dass der Hebert kein geeigneter Standort für Windkraft ist. Auch die vom Landesumweltministerium eingeführte neue Kategorie "mittlere gekappte Windleistungsdichte" führt die Fläche im Kleinen Odenwald nicht weg vom unteren Rand eines hinreichenden Windvorkommens. Dennoch läuft bei Forst Baden-Württemberg weiter die Prüfung eines Rotorenstandorts.
Das ist deswegen bedeutsam, weil der Eberbacher Gemeinderat zwischenzeitlich entschieden hat, aus der weiteren Vermarktung stadteigener Flächen zur Windkraftnutzung auszusteigen.
Der Windatlas 2019 sollte nach dem Fortschreiten der Rotorentechnik die Daten des ersten Zahlenwerks dieser Art von 2011 auf den aktuellen Stand bringen und landesweit mehr Flächen für Windenergie lukrativ erscheinen lassen.
Das zumindest war Ziel des Umweltministers Franz Untersteller in der grün-schwarzen Landesregierung. Beim Vorstellen des Werks freute sich Untersteller, dass in den acht Jahren seither nun etwa doppelt so viele Flächen im Land von der Datenlage her für Windenergienutzung geeignet scheinen.
Der neue Windatlas enthält Karten für unterschiedliche Kenngrößen, berechnet jeweils für die Höhen 100, 140, 160, 180 sowie 200 Meter.
Wurden 2011 die Standorte nach der Windgeschwindigkeit Meter pro Sekunde (m/s) klassifiziert, hat die Neufassung 2019 die "mittlere Windleistungsdichte", gemessen in Watt pro Quadratmeter (W/m²) zur Bemessungsgrundlage. Früher galten Standorte ab 5,5 m/s im Jahresdurchschnitt als geeignet für Windenergienutzung. Nun sollen Standorte mit einer mittleren Windleistungsdichte von mindestens 215 W/m² als nutzbar angesehen werden.
Der Hebert ist im Windatlas 2019 eingestuft im Bereich 190 bis 250 W/m². Damit weist der Hebert ähnliche Werte auf wie die bereits mit Windrädern oder gar -parks bestückten Flächen etwa bei Buchen-Hettingen oder Gerichtstetten nahe Hardheim (jeweils 190-250 W/m²). Allerdings finden sich um Hettingen oder beim Windradstandort Steinbacher Höhe bei Mudau in Teilen der Karte auch höhere Werte von 250-310 oder gar 310-375 W/m² (Stürzenhardt). Auch der Königsstuhl bei Heidelberg ist mit 310-375 W/m² im Windatlas eingetragen.
"Wir haben die Messdaten und Berechnungen zusammengestellt. Damit ist für uns die Arbeit abgeschlossen. Eine Bewertung ist Sache politischer Institutionen in Baden-Württemberg", erklärt auf Nachfrage Tina Kemmerich, Mit-Geschäftsführerin der Al-Pro GmbH & Co KG aus dem niedersächsischen Großheide nahe Aurich. Dieses norddeutsche Unternehmen hat den Windatlas im Auftrag des Landesumweltministeriums erstellt. Kemmerich verweist darauf, dass jeder auf den Internetseiten der Landesanstalt für Umwelt den Abschlussbericht und Karten einsehen kann (www.lubw.baden-wuerttemberg.de/er-neuerbare-energien/ karten).
Abgerechnet werde nach dem tatsächlichen Stromertrag zum Jahresende, nicht nach dem Windkraftpotenzial eines Standortes, hält Rainer Olbert Argumenten entgegen, die durch den Windatlas den Hebert ein weiteres Mal als unergiebig klassifiziert sehen. Olbert ist eine der Vertrauenspersonen beim Sammeln von Unterschriften für das Bürgerbegehren, in Eberbach das einen Bürgerentscheid über einen Windkraftstandort Hebert auf städtischen Flächen herbeiführen soll.
Die von Eberbach unabhängigen Grundstücke des Landesforsts sind wie die städtischen Flächen in der gleichen Windatlaskategorie eingestuft.
"Derzeit wird vom Landesbetrieb ForstBW geprüft, ob der potenzielle Windkraftstandort "Hebert" für eine Windkraftnutzung zur Verfügung gestellt werden kann. Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen," teilt Jürgen Wippel, Sprecher im Ministerium für ländlichen Raum, mit und ergänzt: "Für den Standort ’Hebert’ wurden in den letzten Jahren immer wieder von mehreren interessierten Projektierern Anfragen an ForstBW herangetragen."
Aktuelle Einschätzungen durch mögliche Projektierer lägen ForstBW gegenwärtig laut Jürgen Wippel aber nicht vor. "Letztendlich müssen mögliche Investoren berechnen und entscheiden, ob eine Windkraftnutzung wirtschaftlich möglich ist."