Von Markus Deschner
Eberbach/Heidelberg. Zwei Jahre Gefängnis wegen gewerbsmäßigen Betrugs in 21 Fällen lautet das Urteil für eine 26-jährige. Die junge Mutter stand dieser Tage vor einer kleinen Strafkammer des Heidelberger Landgerichts. Die mehrfach Vorbestrafte muss jedoch nicht ins Gefängnis, da ihre Strafe für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Die Masche, nach der die in einem Eberbacher Stadtteil wohnende Frau zwischen Anfang Mai und Ende August vergangenen Jahres vorging, war immer so ziemlich die gleiche. Das Internet durchforstete sie nach Suchanzeigen auf einer bekannten Verkaufsplattform. Meistens suchten dort Inserenten nach Karten für Fußballspiele. Da ging es mal um Begegnungen zwischen Bayern und Mainz, Karlsruhe und 1860 München oder um ein Spiel Deutschland gegen Polen. Aber auch Karten für diverse Festivals hatte die aus dem Gebiet der ehemaligen DDR Stammende "im Angebot".
Die Frau antwortete den Inserenten und gab an, die angefragten Karten zu besitzen. Um ihre Glaubwürdigkeit zu untermauern, sandte sie den Kaufwilligen Bilder der Tickets zu. Meist waren sogar noch ein Bild von ihr sowie eine Kopie ihres Ausweises an die Nachrichten angehängt. Man einigte sich auf einen Kaufpreis, das Geld wurde via Western Union zu der angeblichen Verkäuferin transferiert. Dabei ging es um Beträge zwischen 78 Euro für ein Fußballspiel und 1000 Euro für ein "Tote-Hosen"-Konzert.
Zwischendurch wurden auch mal Kameras und ein I-Phone der neuesten Generation zum vermeintlichen Schnäppchenpreis offeriert. Die Bezahler erhielten jedoch weder die bestellten Karten bzw. Geräte, noch sahen sie ihr Geld wieder. Die 26-Jährige verfügte ja gar nicht über die angebotene Ware. Die Geprellten erstatteten daraufhin Strafanzeige bei der Polizei, der Schwindel flog rasch auf. 21 verschiedene derartige Straftaten warf Amtsanwältin Eylin Kirscht als Vertreterin der Staatsanwaltschaft der jungen Frau vor. "Die Angeklagte täuschte vor, willens und in der Lage zu sein, die Ware zu liefern. Entsprechend ihrer vorgefassten Absicht lieferte die Angeklagte die Ware nach Gelderhalt nicht aus, weshalb ein entsprechender Schaden entstanden ist."
Die auf der Anklagebank Sitzende ließ bereits zu Prozessauftakt über ihren Verteidiger Christian Jacobi mitteilen, dass alles exakt so zutreffe.
"Wie kommt man darauf, so etwas zu machen?", wollte Richterin Walburga Englert-Biedert von der Hartz IV-Bezieherin wissen. Die Angeklagte nannte Geldschwierigkeiten als Grund. Damals habe sie nur von Eltern- und Kindergeld gelebt, ihr damaliger Freund sei öfter arbeitslos gewesen. "Da bin ich halt auf die blöde Idee gekommen". Im Laufe der mehrstündigen Verhandlung kamen auch Lebensumstände der Frau zur Sprache: in dem Mehrfamilienhaus, in dem die mittlerweile von einem anderen Mann wieder Schwangere lebt, sei es ihretwegen zu Problemen mit anderen Mietern gekommen. Die Polizei musste in jüngster Zeit mehrfach anrücken. Dies solle aber bald vorbei sein. Mitte Juli will die Frau samt Kind in eine Mutter-Kind-Einrichtung bei Heidelberg umziehen.
Mit bald zwei Kindern will sie laut eigenem Bekunden ihr Leben "wieder auf die Reihe bekommen". Allerdings erklärte die Amtsanwältin, dass derzeit bereits weitere Anzeigen wegen unbezahlter Bestellungen bei Versandhäusern vorliegen. Diese Delikte waren aber nicht Gegenstand dieser Verhandlung.
Ein als Zeuge geladener Polizist vom Revier Eberbach brachte drei gut gefüllte Leitz-Ordner mit ins Gericht. Er sprach von über 40 Fällen, von denen einige noch gar nicht abgearbeitet seien.
"Der Name mag zwar schön klingen, ich kann ihn aber nicht mehr hören", sagte der Zeuge im Hinblick darauf, wie oft er schon dienstlich mit der Frau zu tun und deren Personalien zu notieren hatte.
Außerdem erwähnte der Polizist am Rande, dass die Angeklagte letzten Herbst mit ihrem damaligen Lebensgefährten eine Kuba-Reise unternommen hat. Und bei einem Eberbacher Autohaus zwei Pkw gehobener Klasse für 110 000 Euro bestellte. Da aber keine Anzahlung geleistet wurde, kam es nicht zur Auslieferung, die Firma stellte auch keine Strafanzeige.
Der Forderung der Staatsanwaltschaft nach einer zweijährigen Freiheitsstrafe schloss sich Verteidiger Jacobi an.
Die Kammer nahm als Auflage den Antritt der Mutter-Kind-Maßnahme ins Urteil auf und vergatterte die Angeklagte zusätzlich zu 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Das Urteil wurde noch im Saal rechtskräftig, da alle Parteien auf Rechtsmittel verzichteten.
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