Von Felix Hüll
Eberbach. Nicht sofort den gewünschten Erfolg erzielt haben Windkraftstandortgegner gestern Abend mit ihren Protesttransparenten: sie kämpfen gegen die Pläne, am Hebert weiter nach Möglichkeiten für einen Windpark zu suchen. Vor dem Rathaus aufmarschiert waren Demonstranten sowohl aus Eberbach, Schönbrunn, wie aus Hirschhorn/Neckarsteinach (Greiner Eck) und dem hessischen Odenwaldkreis mit Sensbachtal. Trotzdem beauftragte eine 16:6-Stimmenmehrheit des Eberbacher Gemeinderats die Verwaltung, in die Suche nach einem möglichen Investor einzusteigen.
Ratsmitglieder verschiedener Fraktionen legten aber Wert auf die Feststellung, dass damit noch nicht entscheiden sei, ob am Hebert auf den Flächen der Stadt wie auch des Landesforsts dann wirklich einmal Windräder gebaut werden. Mit Ausnahme der AGL fanden sich bei SPD, FWE und CDU Ratsmitglieder, die einen Windpark an dieser Stelle überhaupt ablehnen. Oder sie hoffen auf das Hintertürchen, mit dem während des eigentlichen Planungsverfahrens immer noch ein Ausstieg möglich bleibt.
Jens Müller (SPD), Karl Braun, Wolfgang Kleeberger (beide CDU) und Susanne Lehn (FWE) lehnen teils trotz früherer anderer Auffassung inzwischen Windräder im Odenwald grundsätzlich ab. Peter Wessely (FWE) betonte, dass durch die Investorensuchentscheidung gestern "noch kein einziges Windrad auf dem Hebert projektiert und gebaut wird".
Stadtjustitiar Jan-Peter Oertel hatte zuvor ausgiebig erläutert, dass es mit dem fünfteiligen Ratsbeschluss vom Donnerstag Abend darum gehe, der Stadtverwaltung zu ermöglichen, die Flächen am Hebert zu vermarkten. Die Kosten von 35.000 Euro sollen später dem Investor zugeschlagen werden. Ein ganz anderer und erst noch folgender Schritt sei das Planungsrecht. Wenn der Gemeinderat in einer weiteren Entscheidung voraussichtlich in einem Jahr oder anderthalb einen solchen Investor ausgewählt haben wird, müsse dieser von Anfang an das vorgeschriebene Antragsverfahren mit den jeweiligen Gutachtenanforderungen und Prüfungen durchlaufen.
Bürgermeister Peter Reichert hatte zugesagt, dass die von den Windkraftgegnern mit eigenen Mitteln in Auftrag gegebene avifaunistische Studie hierbei auch mit einbezogen werde. Rainer Kunze von der Eberbacher Aktion Bürger für Bürger hatte in der Bürgerfragestunde erwähnt, dass auszugweise Aussagen dieser Studie bereits vorliegen. Danach seien artenschutzrechtliche Konflikte als Hindernisse für Windräder am Hebert zu erwarten. Von einem Weiterverfolgen der Pläne an diesem Standort sei folglich angesichts der Rechtslage schon jetzt abzuraten. Ihm hielt Reichert entgegen, dass es beim jetzt anstehenden Ratsbeschluss nicht um die Grundsatzentscheidung für den Bau von Windrädern gehe.
Die Verwaltung benötige vielmehr jetzt ein Meinungsbild der zuständigen Bürgervertretung. 2015 hatten sich bei der Bürgerbefragung unter insgesamt 11.588 wahlberechtigten Eberbachern 2360 für Windkraft am Hebert ausgesprochen, 1618 waren dagegen. Von den 11.588 hatten 4022 Bürger an der Befragung teilgenommen. 4014 Stimmen davon waren gültig. Vertreter der Ratsfraktionen bekräftigten, dass sie sich an dieses Votum halten wollten; allerdings sagten Kleeberger, Braun und AGL-Ratsherr Lothar Jost, sie lehnten ein imperatives Mandat ab, stimmten also frei nach bestem eigenen Wissen und Gewissen ab, Kleeberger und Braun gegen Windräder, Jost dafür. "Das hätte ich auch gemacht, wenn die Befragung anders ausgegangen wäre".
Die Stadtverwaltung weiß nun, dass sie ihre Aktivitäten zur Investorensuche doch nicht einzustellen braucht. Sie wird dem Gemeinderat nun Vorschläge zur weiteren Entscheidung vorbereiten.
Mit Hilfe von Fachleuten der GT Service GmbH soll nun ein geeigneter Investor für einen Windpark gesucht werden, weil die Stadt oder die Stadtwerke allein finanziell nicht leistungsfähig genug sind, einen zu erwartenden zweistelligen Millionenbetrag aufzubringen.
Eberbach will Geld durch das Verpachten seiner Hebert-Flächen erzielen. Im weiteren Verfahren wichtig sein wird, wie weit Eberbacher wie Schönbrunner Bürger sich am Windpark beteiligen können (etwa in einem Bürgerwindpark) und dass die anstehenden Verfahren unter Einbeziehen der Bürger und der Entscheidung des Gemeinderats zum Vorteil der Stadt erfolgen. Entsprechende Änderungsanträge von Michael Schulz (CDU) und Peter Stumpf (AGL) wurden mehrheitlich angenommen.
Die GT Service GmbH ist ein Dienstleistungsunternehmen aus Rheinland Pfalz, das aus dessen Städte- und Gemeindebund heraus entstanden ist. Diese Beratungsfirma hat bereit 25 abgeschlossene Verfahren in Rheinland-Pfalz betreut. Sie bietet laut Stadtverwaltung die Gewähr, die komplexen technischen und rechtlichen Sachverhalte wirksam bei dem nun angestrebten "strukturierten Verfahren" zu berücksichtigen.
Dabei spiele beispielsweise das Ermitteln des Marktpreises der Flächen wie auch das Beteiligen der Bürger eine wichtige Rolle, so Justitiar Oertel.