Lindach. Die ehrenamtliche Landesbehindertenbeauftragte Stephanie Aeffner aus Eppelheim ist auf den Rollstuhl angewiesen, Treppen stellen für sie eine unüberwindliche Barriere dar. Doch die finden sich in Lindach vor einem der beiden Bahnsteige. Ein Missstand, weswegen Ortsvorsteher Peter Schwarz kürzlich den Landtagsabgeordneten und Verkehrspolitiker Hermino Katzenstein (Grüne) ansprach. "Mich haben schon einige Beschwerden erreicht", sagte Schwarz bei einem Vororttermin, den der Abgeordnete daraufhin organisiert hatte. Mit Katzenstein war auch Matthias Gastel, bahnpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, angereist. Dazu kamen neben der Landesbehindertenbeauftragten Eberbachs Bürgermeister Peter Reichert sowie Stadtbaumeister Steffen Koch.
Für Bürgermeister und Bauamtsleiter ist das Thema nicht neu. "Wir versuchen schon länger, eine Lösung zu finden", sagte Koch. Eine 2012 von der Stadtverwaltung vorgeschlagene Maßnahme hätte 30.000 Euro gekostet - Geld, das die Ratsmehrheit damals nicht zur Verfügung stellen wollte. "Damals gab es noch eine Kinderwagenspur", so Koch. Doch die habe die Bahn, zu deren Gelände die Treppe gehört, im Zuge einer Treppensanierung entfernt, vermutlich da sie nicht mehr den Anforderungen entsprach.
Auf Katzensteins Nachfrage sagte der Bauamtsleiter, es sei grundsätzlich möglich, an dieser Stelle eine Rampe oder ein Podest anzubringen. Doch die Bahn habe sich der Bitte der Stadt verschlossen, sich an einer Lösung zu beteiligen - mit dem Argument, bei der geringen Zahl der Umstiege lohne sich der Aufwand nicht. Betroffene, die von Richtung Heidelberg nach Lindach wollen, sollten eben eine Station weiter und mit der nächsten Bahn zurückfahren.
Dabei habe sich die Bahn auf eine Gesamtlösung für einen barrierefreien Ausbau des Bahnsteigs bezogen, für den sie nicht weniger als eine Million Euro veranschlagte. Davon müsste die Stadt 450.000 Euro übernehmen. Eine solche Summe kommt aus Sicht von Bürgermeister Reichert, und da sprach er auch für den Gemeinderat, überhaupt nicht in Frage. Daher hatte er den Vorschlag abgelehnt. "Wir wollen eine einfache und praktikable Lösung", betonte Reichert. Laut Bauamtsleiter ist eine solche gut machbar und würde einem späteren Komplettausbau nicht im Wege stehen.
So ganz konnte Aeffner die Bahn nicht verstehen. "Ich dachte, das Ziel sei, alle Bahnhöfe barrierefrei auszubauen". Und ergänzte: "Bei der RNV kann ich mir keine barrierefreien Verbindungen anzeigen lassen, ich muss selbst bei jedem Bahnsteig nachschauen, ob er barrierefrei ist." Die Behindertenbeauftragte dachte auch an Sehbehinderte und monierte, dass auf dem Bahnsteig ein Blindenleitstreifen sowie eine entsprechende Markierung vor der Treppe fehlen. So wie es die Landesförderung für barrierefreie Bushaltestellen gibt, sollte es bei der Bahn ein Bundesprogramm geben, forderte Aeffner. Stattdessen wiesen die beiden Abgeordneten auf das Bahnhofsmodernisierungsprogramm Baden-Württemberg hin, eine Rahmenvereinbarung zwischen der Deutschen Bahn und dem Land. Reichert dachte da gleich auch an den Zustand des Bahnhofs Eberbach und an die Eingangstür des Bahnhofsgebäudes, die seit 2010 kaputt ist. "Das sieht dramatisch aus, aber die Bahn kriegt das nicht hin", stellte er resigniert fest.
Katzenstein und Gastel schlugen der Landesbehindertenbeauftragten und dem Bürgermeister vor, sich gemeinsam an die Bahn zu wenden und eine praktikable und zeitnahe Lösung einzufordern.