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Ein Leben zwischen Schule und Rennstrecke: Lukas aus Eberbach will Profirennfahrer werden

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Von Peter Bayer

Eberbach. Von 7.50 bis 13 Uhr Schule, bis 14 Uhr Essen, danach Freizeit oder Lernen, von 15.30 bis 16.30 Uhr Nachhilfe, bis 18 Uhr Sport, danach Essen - die Tage des Lukas Tulovic sind durchgeplant. Und das aus gutem Grund. Der 16-jährige Eberbacher hat einen Traum: Er will Profirennfahrer werden. Dieses Ziel verfolgt er konsequent.

Im Gegensatz zu seinen älteren Konkurrenten muss der Schüler der elften Klasse dabei noch den Spagat zwischen Schule und Rennsport meistern. Denn Profirennfahrer ist "Plan A", für den er alles macht. Daneben gibt es aber noch einen "Plan B". Der sieht vor, zunächst das Abitur zu machen. Es gibt Sportler, die für eine Profilaufbahn die Schule vorzeitig beendet haben. Auch Lukas hat schon mit dem Gedanken gespielt, wie er zugibt. Mutter Gerlinde und Vater Branko haben ihn allerdings davon abgehalten. Sollte es nicht zum Profi reichen, hat der 16-Jährige noch keine klaren Vorstellungen, wie es nach der Schule weitergehen könnte. Etwas mit Sport sollte es sein, zum Beispiel Fitnesstrainer. "Aber ich hoffe und gebe alles, damit es nie dazu kommt", macht Lukas deutlich, welche Laufbahn er einschlagen will.

Die Disziplin, mit der Lukas sich an seinen Tagesablauf hält, gilt auch beim Essen. Obwohl der 16-Jährige direkt an der Quelle sitzt, gibt es bei ihm kaum Döner oder Pizza. "Ich esse vielleicht einmal im Monat Pizza", sagt er. Seine Eltern kochen ihm stattdessen Nudeln und Fleisch. Und statt zu Süßkram greift Lukas zu frischem Obst. "Das schmeckt besser", sagt er.

Bei 1,83 Meter bringt er inzwischen 66 Kilogramm auf die Waage. Mehr Gewicht wäre im Rennen gleichbedeutend mit Nachteilen beim Beschleunigen und Bremsen. Beim Essen zurückhalten, um sein Gewicht zu halten, muss er sich nicht. "Ich esse zwar viel, aber dadurch, dass ich viel Sport treibe, nehme ich nicht zu", sagt er. Fit hält sich der 16-Jährige überwiegend durch Schwimmen, Joggen und Fitnessstudio. Vier Mal die Woche steht Joggen auf dem Plan, im Winter wenn möglich täglich Ausdauer- oder Krafttraining im Palestra, ansonsten zwei- bis dreimal die Woche. Mit Fußball hat er aufgehört. "Da hab’ ich mich zu oft verletzt", sagt er. Im Gegensatz zum Rennsport. Dank seiner inzwischen zehnjährigen Erfahrung kann er hier das Risiko einschätzen, verzichtet zudem auf "dumme Aktionen". In 28 Tagen mit sieben Rennwochenenden ist der junge Eberbacher in der vergangenen Saison nur einmal gestürzt. Seine bislang schwerste Verletzung war eine Gehirnerschütterung. "Und da wollte ich im zweiten Rennen schon wieder auf die Maschine", erinnert er sich. Dass der Motorsport gefährlich ist, dessen ist er sich durchaus bewusst. "Beim Fahren denkst du aber nicht ans Risiko", sagt er. Sonst brauche man gar nicht erst aufs Motorrad steigen.

Angefangen im Jahr 2007 auf einem drei PS "starken" Moped, wurden die Maschinen mit den Jahren immer größer. War der Motorsport für Lukas anfangs nur ein Hobby - auch wenn er bereits 2010 Deutscher Meister und 2011 Europameister war - so hat er sich 2015 zum ersten Mal ernsthaft Gedanken über eine mögliche Profikarriere gemacht. Jetzt ist er in der schwersten Klasse angekommen, die es zu fahren gibt. Mit dem 120 PS starken Motorrad erreicht er auf der Geraden Spitzengeschwindigkeiten von 280 Stundenkilometer.

Die Rennwochenenden, die fast alle in Spanien stattfinden, bedeuten für den 16-jährigen Schüler Stress: Mittwochabend Abflug, Donnerstag Tests, Freitag Training, Samstag Zeittraining, Sonntag Rennen. Das bedeutet für Lukas jedes Mal auch zwei Tage verpassten Unterricht. "Das ist mit der Schulleitung abgeklärt, die bekommen auch meinen Trainingsplan", sagt der Schüler des Hohenstaufen-Gymnasiums. Den verpassten Unterrichtsstoff muss er natürlich nachholen. In Mathematik und Physik bekommt er Nachhilfe, den Stoff in den Lernfächern liest er nach. Zum Jahrgangsbesten wird es für ihn zwar nicht reichen, aber "ich komm’ durch", sagt Lukas. Sieben Rennwochenenden, dazu drei bis vier Trainings - das ist überschaubar: "Es gibt einige, die haben mehr Fehltage als ich".

Derzeit fährt der Eberbacher in der Moto2-Europameisterschaft. Sein großes Ziel sind die Rennen um die Moto2-Weltmeisterschaft. Verläuft seine sportliche Entwicklung weiter so, könnte er dies sportlich bereits in zwei Jahren erreichen. Denn obwohl er mit Abstand der jüngste Teilnehmer in seiner Klasse ist, kommt der sportliche "Überflieger" der Spitze schnell näher.

Danach sah es in dieser Saison lange Zeit nicht aus. Der junge Eberbacher stellte sich sogar die Sinnfrage. "Ich hatte mit meiner Maschine schwer zu kämpfen gehabt. Mir fehlten pro Runde vier bis fünf Sekunden auf die Spitze, und es wurde nicht besser", blickt er zurück. Platzierungen um Rang 25 waren an der Tagesordnung. Lag es an der Maschine (Baujahr 2010) oder an ihm? Die Antwort brachte ein Wechsel vor dem vorletzten Rennen. Auf Anhieb fuhr Lukas drei Sekunden schneller und landete in den letzten zwei Läufen in den Punkterängen.

In der nächsten Saison, die Ende April 2017 beginnt, will der Eberbacher die noch kleine Lücke zur Spitze weiter schließen. Das Umfeld wurde dazu ein Stück professioneller.

Das Team, das sich um ihn und seinen Rennstallkollegen kümmert, besteht künftig statt aus drei aus zehn Personen. Lukas Tulovic ist einer von fünf deutschen Motorradfahrern, die wegen ihres Talents von der ADAC Stiftung Sport finanziell unterstützt werden. Das reicht aber bei weitem nicht, um die Kosten für eine Saison abzudecken. Deshalb sucht er für die kommende Saison noch Sponsoren.

Info: www.lukas-tulovic.de


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