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Sabine Finks 805 Kilometer Jakobsweg als Kirchenälteste

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Von Barbara Nolten-Casado

Schönbrunn-Moosbrunn. Es war ihr lang gehegter Wunsch gewesen, einmal den Jakobsweg zu gehen. Im vergangenen Sommer hat Sabine Fink aus Moosbrunn sich diesen Traum erfüllt. Über ihre Eindrücke und Erlebnisse auf dem 805 Kilometer langen Fußmarsch berichtete sie am Sonntagabend in einem lebendigen Lichtbildervortrag in der bis auf den letzten Platz gefüllten kleinen Moosbrunner Kirche. Einige der Zuhörer waren den Weg selbst schon gegangen, ein paar andere wollen sich in Kürze aufmachen gen Santiago de Compostela.

Es ist Ende Juli 2016, als die Sekretärin und Kirchenälteste der evangelischen Gemeinde Schönbrunn sich auf die Reise macht. Sechs Wochen Urlaub hat sie sich dafür genommen, ihrem Mann versprochen, jeden Tag eine SMS zu schicken. Der Rucksack ist gepackt: statt der empfohlenen acht Kilo sind es am Ende zwölf geworden. Mit dem Zug geht’s bis Paris, von dort weiter nach Saint-Jean-Pied-de-Port in den französischen Pyrenäen. Dort holt sie sich im Pilgerbüro die Jakobsmuschel, die von nun an ihren Rucksack zieren wird. Und den Pilgerausweis, der - an jeder Herberge mit einem Stempel versehen - als Nachweis für die Ausstellung der begehrten abschließenden Pilgerurkunde dient. Am Stadttor sieht sie erstmals das Wegzeichen, das ihr in den kommenden Wochen die Richtung weisen soll: Die Muschel, die nach Westen zeigt.

Gleich am ersten Tag ist ein Gebirgspass zu bewältigen, auf Wanderwegen und durch Geröllkuhlen geht es gen Spanien, "da ist gutes Schuhwerk gefragt". 765 Kilometer liegen an der Landesgrenze noch vor ihr. Durch die Provinz Navarra führt der Weg, durch kleine Ortschaften und schöne Waldgebiete. Sabine Fink hat sich allein auf den Weg gemacht, wollte sich keiner Gruppe anschließen. Doch nun lernt sie jeden Tag neue Menschen kennen, die, wie sie, unterwegs nach Santiago sind. Man läuft ein Stück weit zusammen, und irgendwann geht jeder wieder seiner eigenen Wege.

Doch je länger sie unterwegs ist, desto öfter trifft sie Leute wieder, denen sie schon einmal begegnet ist. Dann wird abends in der Herberge beim gemeinsamen Kochen und Essen Wiedersehen gefeiert. Oder auch beim Pilgermenü, das manche Herbergseltern ihren Gästen anbieten. Wie im kleinen Ort Grañón. Etwa 25 Leute teilen sich hier in der "Casa de las sonrisas" ein Bad, "aber es hat funktioniert". Und vor dem Essen teilt der Herbergsvater seine Gäste nach Nationalitäten ein und jede Gruppe muss ein Lied singen. Mit "Komm, hol das Lasso raus", haben die Deutschen ihre Pilgerkollegen erfreut.

Sabine Fink übernachtet in Schlafsälen mit bis zu 50 Menschen im zur Pilgerherberge umfunktionierten Kloster. Oder im Etagenbett irgendwo in einem Viererzimmer. Einmal teilt sie die Unterkunft mit drei Italienern, einer Frau und zwei Männern. Und die beiden Männer, "die haben geschnarcht wie fünfzig. Wenn ich dann wach wurde, hab‘ ich in die Hände geklatscht. Da waren alle wach. Irgendwann sind wir alle wieder eingeschlafen. Und das Spiel ging von vorne los."

In Pamplona läuft Fink durch die Straßen, durch die an "San Fermín" die Stiere getrieben werden. In Burgos besichtigt sie die gotische Kathedrale, ist beeindruckt von den grandiosen Sandsteinreliefs, in der von León sind es die Buntglasfenster, die sie faszinieren. Dann wieder endlose Wegstrecken durch das monotone Braun der Anfang August bereits abgeernteten Felder Kastiliens, unterbrochen von kleinen, halb verfallenen Dörfern. Morgens früh um 6.30 Uhr bricht sie auf, um zur Mittagszeit, wenn die Hitze kommt, das angepeilte Etappenziel zu erreichen. Zwischen 20 und 30 Kilometer legt sie dabei täglich zurück.

Irgendwann kommt der Moment, wo sie denkt, es gehe nicht mehr: "Fußweh, Kreuzweh …" Doch sie gibt nicht auf. Als sie "O Cebreiro" und den 1450 Meter hohen Pass "Alto de San Roque" erklommen hat, wird sie von bereits oben angekommenen Pilgern mit Applaus begrüßt. "Do hätt‘ i heile kenne", erinnert sie sich an den emotionalen Moment. Nun geht es hinab nach Galizien. Das Braun Kastiliens ist saftigem Grün gewichen, "fast wie dahoam".

An einem Morgen Ende August läuft Sabine Fink gemeinsam mit Jonas aus Heidelberg in Santiago ein: "Ein absolutes Hochgefühl". Sie nimmt am Pilgergottesdienst in der Kathedrale teil, schaut zu, wie das gigantische Weihrauchfass durch die Kirche geschwenkt wird. Anschließend legt sie, wie alle Pilger, der Figur des Apostels Jakobus die Hand auf die Schulter. "Man sagt, dann seien einem alle Sünden vergeben", berichtet sie. Am Abend liegt sie neben anderen Pilgern auf dem Boden des großen Platzes und genießt den Blick hinauf zum Ziel ihrer Sehnsucht, der Kathedrale von Santiago de Compostela.

Sabine Fink hat noch ein paar Tage Zeit bis zum Rückflug. Sie packt erneut ihren Rucksack und läuft weiter, bis nach "Fisterra", dem Kilometerpunkt 0,00 des Jakobswegs. Ein Bus bringt sie zurück nach Santiago: "Nach sechs Wochen habe ich meinen Blick nun wieder gen Osten gerichtet."


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