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Ein Jahr nach der Delfintherapie: So geht es der kleinen Eberbacherin Celly

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Von Martina Birkelbach

Eberbach. "Hoffnung." Michael Rosenits schweigt einen Moment, nachdem er das Wort ausgesprochen hat. "Celine hat mit ihren sechs Jahren den höchsten Pflegegrad fünf, ist 100 Prozent schwerbehindert und ständig auf Hilfe angewiesen", sagt der Vater. "Aber natürlich hoffen wir. Wer bei der Diagnose die Hoffnung aufgibt, hat verloren. Wir hoffen auf Linderung. Ich lese sehr viel, ich glaube nicht, dass es in den nächsten zehn Jahren eine Heilung für die Krankheit geben wird."

Celine, genannt Celly, entwickelte sich nach der Geburt prächtig. Sie krabbelte und konnte auch am Sofa stehen. Dann haben sich plötzlich Handwaschbewegungen eingeschlichen. Bei der U 7-Untersuchung im Alter von zwei Jahren stellte der Kinderarzt fest, dass "irgendwas nicht stimmt".

Nach vielen Untersuchungen stand ein halbes Jahr später die Diagnose fest: Rett-Syndrom.

Binnen drei Wochen ging laut der Eltern, Papa Michael (33) und Mama Ramona (37) "alles verloren. Celly konnte nicht mehr stehen, nicht mehr krabbeln, nicht mehr Mama und Papa sagen oder den sogenannten Pinzettengriff anwenden. Wir waren damals zuerst wie vom Zug überfahren", erinnert sich Michael. "Doch entweder man verzweifelt daran - oder man lebt es", sagt er heute. Die Eltern haben sich für Zweiteres entschieden.

Sie leben mit ihrem Töchterchen und mit der schweren Entwicklungsstörung, die aufgrund einer x-chromosomal dominanten Mutation zu der zweithäufigsten Behinderungsform bei Mädchen nach dem Down-Syndrom zählt. "Die Hoffnung für Celly haben wir nie und werden wir auch nie aufgeben", so der Vater. Wie er erzählt, ist in Australien derzeit ein Medikament für das Rett-Syndrom in Studien. "Ich hoffe, dass es auch in Deutschland zugelassen wird und Linderung bringt. Es könnte Celly zu einer gezielteren Koordination verhelfen - etwa, dass sie eine Flasche greifen, den Rollstuhl selber drehen oder sich mit den Augen noch besser verständigen kann. Das wäre schön."

Familie Rosenits befindet sich gerade "mitten im Umzug". Von einer Wohnung in Eberbach soll es Ende Mai nach Neckargerach-Guttenbach in das Elternhaus von Papa Michael gehen.

Dort ist insgesamt viel mehr Platz, der auch für den Rollstuhl wichtig ist. Vor allem aber wird Celly dort ein Therapiezimmer bekommen. "Da können wir vom Bewegungstrainer, der Galileo-Vibrationsplatte, einer Schaukel bis hin zur Sprossenwand alles unterbringen. Dazu gibt es natürlich noch ein "normales" Zimmer. Und auch Schwesterchen Tjara, die gerade vier geworden ist, bekommt ihr eigenes Reich. Zudem steht für Celly noch eine Veränderung an: Derzeit geht sie noch in den Kindergarten in Schwarzach, ab Herbst wird sie eine Außenklasse der Schwarzbach-Schule in Waldbrunn besuchen.

"Da habe ich am meisten Bammel vor", sagt der Papa. Er macht sich Gedanken, wie sie in der Schule "ankommt".

Nachdem wir Januar 2016 einen ersten Artikel über das Leben der kleinen Celly veröffentlicht hatten, startete eine Welle der Hilfsbereitschaft. Zahlreiche Aktionen und eine überwältigende Spendenbereitschaft von vielen Bürgern aus Eberbach und Umgebung brachten im Laufe des Jahres 16.000 Euro ein - für eine Delfintherapie. Zwei Wochen verbrachte die Familie im Mai/Juni 2017 auf Curaçao. Ein Wunder ist dort nicht passiert, aber darauf hatten die Eltern auch nicht gehofft. Dafür hat sich dennoch danach bei Celly einiges getan: Der Blickkontakt wurde besser, die Hände wurden ruhiger und der extreme Speichelfluss weniger. "Das hat angehalten", sagt Papa Michael.

"Vieles ist besser geworden. Sie nimmt mehr Anteil, erkennt Leute, nimmt ihren Tobii 115 (ein augengesteuertes Kommunikationshilfsmittel) mit in den Kindergarten - und sie hat dort Freunde gefunden."

Auf jeden Fall hat sich durch die Delfintherapie viel verändert, wenn auch "alles schwer abzugrenzen ist", da Celly viele Therapien bekommt: "Logo-, Physio-, Ergo- und Musiktherapie sowie Hippotherapie (therapeutisches Reiten).

Insgesamt ist laut Papa Michael "alles entspannter geworden, "Celly ist zurzeit gut eingestellt und anfallsfrei". Und noch entspannter wird es nach dem Umzug, denn dann werden die Fahrtstrecken zu den zahlreichen Terminen auch kürzer. Mama Ramona hat zudem ihre Arbeit in einem Lebensmittelunternehmen in Eberbach reduziert. Da auch Michael nur Teilzeit in einem Mosbacher Lebensmittelunternehmen arbeitet, bleibt so mehr Zeit für die Kinder.

Seit der Delfintherapie auf der karibischen Insel Curaçao ist Celly sieben Zentimeter gewachsen. Jetzt ist die Sechsjährige (am 5. Juni wird sie sieben Jahre alt) genauso groß wie ihre vierjährige Schwester.

Celly bekommt jeden Morgen einen hochkalorienhaltigen Drink, mag ansonsten - wie wohl fast jedes Kind in ihrem Alter - sehr gerne Spaghetti, Pizza und Pommes mit Soße. "Natürlich bekommt sie auch Obst und Gemüse, allerdings alles nur püriert." "Wir haben uns reingelebt in das etwas andere Leben. Celly ist ein ganz normales Kind - ganz normal anders. Die Hoffnung auf Linderung ihrer Krankheit, werden wir nie aufgeben", sagt Papa Michael. "Wir werden Celly nie aufgeben", fügt er hinzu. Und aus Cellys Tobii 115 ertönt es: "Ich mag Dich" - einen schöneren Satz hätte man sich nach dem Gespräch nicht wünschen können.


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