Von Jutta Biener-Drews
Eberbach/Hirschhorn. Mit geöffnetem Münzfach schiebt der alte Herr seine Geldbörse vertrauensvoll zur Kassiererin hin: "Holen Sie sich raus, was Sie brauchen!" Tut sie und zählt laut vor, was sie mit spitzen Fingern herausfischt aus dieser Barschaft an Euro- und Centstücken: "10, 20, 25,..." Das dauert. Die Kunden in der Schlange warten geduldig. Für diesmal. Denn wenn’s pressiert, kann solche Kramerei nach Scheinen und Münzen an der Kasse kolossal nerven. Viele Kunden verleitet dies zu der Annahme, Bargeld sei im Vergleich zum Plastikgeld viel umständlicher und zeitraubender zu handhaben. Aber da irren sie sich.
"An der Ladenkasse ist die Barzahlung noch immer das schnellste und kostengünstigste Zahlungsmittel", hat eine Untersuchung der Deutschen Bundesbank und des Handelsinstitutes EHI ergeben. Und schneidet teils sogar im Vergleich zum kontaktlosen Bezahlen mit der Karte quasi im Vorbeigehen besser ab. So dauere eine durchschnittliche Barzahlung an der Ladenkasse gut 22 Sekunden und koste rund 24 Cent je Transaktion, womit sie rund sieben Sekunden schneller sei als mit Karte und Eingabe der PIN-Nummer, beim Einsatz des Plastikgeldes mit Unterschrift sogar 16 Sekunden.
Was die Untersuchung außerdem ergab: Noch immer werden drei von vier Zahlungen bei uns in bar abgewickelt. Stimmt, bestätigen in einer spontanen Umfrage auch hiesige Geschäftsleute. Und machen dabei auch deutlich, dass in der Mehrzahl auch sie selbst den wachsenden Gebrauch von Plastikgeld skeptisch sehen.
"Barzahlung ist immer noch das gängigste Verfahren", kann in Hirschhorn Marktleiter Patrick Braner für seinen Edeka-Markt sagen. Auch wenn die Leute heute nicht mehr so viel Bargeld dabei hätten. Erst ab 60, 70 Euro werde eher mit Karte bezahlt. Braner sieht dies nicht nur, aber auch als Generationenfrage: Ältere hätten beim Bezahlen gern was in der Hand, während "Jüngere ja schon für einen Kaugummi die Karte zücken!"
Seiner Meinung nach erleichtert die Karte zwar vieles, "aber bei technischen Problemen ist Bargeld unverzichtbar". Sogar wenn’s ums Tempo des Bezahlvorgangs geht, kommt Barzahlen aus Sicht des jungen Marktleiters besser weg: "Es hängt vom Betrag ab. Wenn die Ware 9,80 Euro kostet und der Kunde bezahlt mit 20 Euro, geht das schneller als mit Karte. Denn bis die aufgeht, etc...".
Bei Christian Grimm im Hirschhorner Stadtcafé mit Bäckerei bezahlen 95 Prozent der Kunden bar. "Unter zehn Euro nehme ich auch keine Karte". Grimm (39) bevorzugt nach der scherzhaft zitierten Devise "was man hat, hat man" sowieso die Barzahlung.
Nicht zuletzt seiner schlechten Erfahrungen mit dem Plastikgeld wegen: "Innerhalb nur eines Jahres haben sich drei Kunden das Geld von meinem Konto zurückgeholt".
Und ihm, so Grimm, sei nichts anderes übrig geblieben, als zur Polizei zu gehen und mit erheblichen Scherereien den Rechtsweg zu beschreiten. Denn die Bearbeitungsgebühr, die Geldinstitute für die Veranlassung von Rücküberweisungen fordern, stehe oft in keinem Verhältnis zum fraglichen Betrag.
In der Bäckerei Brockenhof in Eberbach läuft der Verkauf ausschließlich über Barzahlung. "Die Kunden haben kein Problem damit", so Verkäuferin Marina Eckert. Und wenn jemand nicht genug Geld dabei hat, sei der nächste Geldautomat ja nicht weit. Nebenan im Bioladen übt sich Geschäftsmann Joachim Braunsberger dem Plastikgeld gegenüber zumindest in Zurückhaltung.
Auch bei ihm gilt ein Limit: unter zehn Euro nur mit Schein und Münze. Denn: "Kartenzahlung kostet uns auch Geld!" Natürlich haben beide Bezahlarten ihre Berechtigung, so Braunsberger, aber bei Kleckerlesbeträgen nennt er Kartenzahlung schlicht "schwachsinnig".
Was ihn gegen unüberlegten Gebrauch von Plastikgeld einnimmt, ist, dass "viele Menschen heute so schon keinen Überblick mehr über ihre Finanzen haben". Ganz persönlich ist ihm aber auch "dieses Gefühl von Abhängigkeit" beim elektronischen Zahlen unangenehm.
"Dass unsere Kunden überwiegend noch die Bezahlung mit Bargeld bevorzugen", wird auch im örtlichen dm-Markt beobachtet, wie es von der Pressestelle des Unternehmens heißt. Als schnellste Variante des Bezahlens wurde hier aber das kontaktlose Bezahlen per Girocard ausgemacht.
Bestätigt werden die Bundesbank-Ergebnisse auch von Susanne Reinig in ihrem Geschäft für Elektroartikel, Hausrat und Geschenke.
Reinig selbst als Mitglied einer Verbundgruppe mit einheitlichen Bezahlterminals kann dem Verkauf mit Plastikgeld allerdings nur Positives abgewinnen. Denn für die eigne Firma mindert dies den Preis für Kartenzahlungen. Und "der Bargeldverkehr ist mit Gebühren belastet und teurer geworden".
Die kleinen Ein-, Zwei- und Fünfcentstücke einzustampfen, wäre ihrer Meinung nach deshalb eine gute Idee, um Kunden und Händlern unnötigen Aufwand zu ersparen.