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Windkraft auf dem Hebert: Wie ein Bürgerentscheid gelingt

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Eberbach. (cum) Wie funktionieren Bürgerbegehren und Bürgerentscheid? Welche Fallstricke gibt es? Kaum jemand hat dabei wohl mehr Erfahrung als Edgar Wunder. Der 49-Jährige Soziologe aus Edingen-Neckarhausen hat 2008 den ersten Bürgerentscheid in Heidelberg koordiniert, war im Organisationsteam der Volksabstimmung zum Ausstieg aus Stuttgart 21 und hat bei mehr als 300 Bürgerbegehren beraten.

Am Dienstagabend gab er auf Einladung der Eberbacher Initiative zum Bürgerbegehren in Eberbach im Alten Badhaus Tipps, wie ein Bürgerentscheid gelingt.

Als Mitglied im Landesvorstand des Vereins "Mehr Demokratie" berät Wunder Bürgerinitiativen und Kommunalverwaltungen gleichermaßen, wenn es darum geht, dass die Bürger das Heft in die Hand nehmen und selbst entscheiden.

Denn im Durchschnitt gibt es laut Wunder nur alle 30 bis 35 Jahre in einer Gemeinde ein Bürgerbegehren. Die Erfahrung wird selten weitergegeben, für Bürger und Verwaltungen sind Volksabstimmungen meist Neuland. In Eberbach gab es laut der Datenbank, die Wunder führt, 1978 ein Bürgerbegehren über die Verlegung des Campingplatzes, das aber nicht zu einer Abstimmung führte.

Sternstunde der Demokratie oder Schreckgespenst? Wohl beides. Denn bei einem Bürgerentscheid ist der Bürger König, wie Wunder sagt. Gleichzeitig kann schon die Drohung mit einem Bürgerbegehren dazu führen, dass sich zerstrittene Parteien an einen Tisch setzen und miteinander reden, um einen Kompromiss zu finden. Auf Sicht habe ein Bürgerentscheid in Konflikten oft auch befriedende Wirkung, weil dann die Streitfrage geklärt ist.

Dabei sei nicht die Unterschriftensammlung das schwierigste, sondern rechtliche Fallstricke zu vermeiden. Wunder rät dennoch sowohl Kommunen als auch Bürgerinitiativen ab, Anwälte einzuschalten: Es gebe zu dem Thema kaum kompetente Rechtsanwälte.

"Mit Rechtsanwalt scheitern 50 Prozent. Von denen, die wir beraten sind in den letzten drei Jahren sieben Prozent gescheitert." Auch Gemeinderäten, die über die Zulässigkeit entscheiden müssen, rät er von externen Rechtsgutachten ab: Sie beschränkten sich dadurch in ihrer Handlungsfreiheit.

Es gebe allerdings auch Gemeinden, die mit unfairen Mitteln Bürgerbegehren und -entscheide torpedierten, die keine Informationen herausgäben, versuchten das Verfahren zu verzögern oder das Thema auf kleiner Flamme zu köcheln. Das führe meist zu mehr Unfrieden und Rechtsstreitigkeiten. Er empfehle, wenn es zu einem Bürgerentscheid kommt, eine Begleitgruppe aus Vertrauensleuten, Bürgermeister, den wichtigsten Amtsleitern und Fraktionsvorsitzenden. "Das vermeidet böse Überraschungen für alle." Kommunikation, Fairness und Sachlichkeit seien der Weg zum Erfolg. Ein Bürgerbegehren mache rund neun Monate viel Arbeit. "Aber am Ende ist es was Gutes: Eine Seite verliert, das ist halt so, aber nach ein, zwei Jahren sagt sie danach häufig: Ja, wir haben daraus gelernt."

Info: 1115 Unterschriften für das Bürgerbegehren zur Windkraft auf dem Hebert wurden bis Dienstag gesammelt. Damit ist das Quorum für einen Bürgerentscheid erreicht. Die Unterschriftensammlung läuft trotzdem noch zwei Wochen. Am Samstag ist die Initiative von 9 bis 12 Uhr mit einem Stand auf dem Leopoldsplatz.


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