Von Marcus Deschner
Hirschhorn. Will die Stadt Hirschhorn auch künftig einen gemeinsamen Standesamtsbezirk mit der hessischen Nachbargemeinde Neckarsteinach unterhalten? Oder sollte man lieber demnächst aussteigen? Damit beschäftigte sich der am Donnerstag in der Mark-Twain-Stube tagende Haupt-, Finanz- und Sozialausschuss der Stadtverordnetenversammlung ausgiebig.
Die Voraussetzungen für diese 2003 beschlossene Art der interkommunalen Zusammenarbeit (IKZ) haben sich mittlerweile verändert. Ursprünglich war die Bildung des Standesamtsbezirks "Hessisches Neckartal" aus der Taufe gehoben worden, um Kosten einzusparen. Denn die Verwaltungshaushalte beider Städte konnten 2003 nicht ausgeglichen werden, weshalb die Kommunen seinerzeit aufgefordert wurden, Konsolidierungsmaßnahmen vorzulegen.
Zudem gab’s damals im Neckarsteinacher Standesamt zu wenig Mitarbeiter, in Hirschhorn hingegen zuviel. Nach der Zusammenlegung beider Standesämter vor über 16 Jahren hatte Neckarsteinach auch keinen sachbearbeitenden Mitarbeiter für den Standesamtsbereich mehr und wurde auf diesem Feld von Hirschhorn betreut. Die "Perle des Neckartals" hingegen sah ihre Vorteile im Nutzen einer entstandenen Überkapazität und dem Erzielen von Einnahmen auf dem Schloss auf dem damaligen Niveau. Eine "Win-win-Situation" also.
Beide Stadtparlamente hatten die IKZ damals abgesegnet und das Regierungspräsidium Darmstadt hatte grünes Licht gegeben. Ein schriftlicher Vertrag dazu existiert aber bis heute nicht. Ebenso gibt es keine Vereinbarung über den Abrechnungsmodus. Das alles sollte nun schriftlich fixiert werden, zumal sich mittlerweile auf diesem Sektor viel getan hat.
Die Hauptsachbearbeiterin im Standesamtsbezirk schied Ende Juni auf eigenen Wunsch bei der Stadt Hirschhorn aus. Bei einem internen Gespräch im Rathaus stellte sich heraus, dass bei einer Trennung der Standesämter Hirschhorn die Sachbearbeitung mit dem jetzt vorhandenen Personal allein stemmen könnte.
Sollte man die Kooperation jedoch weiterführen, wäre dies nicht der Fall - man müsste den Personalschlüssel dann um eine halbe Stelle erhöhen. Zudem müsste man abteilungsintern Aufgaben umorganisieren, damit Kapazitäten für die andere Hälfte der Stelle freigemacht werden könnten. Kurz: Es müsste eine Vollzeitkraft eingestellt werden.
Vor allem darum drehte es sich in der lebhaften, gut eine Stunde dauernden Diskussion im Ausschuss. Die Verhältnisse haben sich also umgekehrt: Neckarsteinach verfügt inzwischen über zwei Standesbeamte und einen Traustandesbeamten, gleichzeitig finden auch viel mehr Trauungen dort statt als in Hirschhorn. Das sei vor allem "Eventtrauungen" auf dem Hohen Darsberg geschuldet, zu dem Paare aus ganz Deutschland und dem Ausland anreisten. 2018 gaben sich in Hirschhorn 24 Paare das Ja-Wort, in Neckarsteinach 74.
Nach dem bislang praktizierten Abrechnungsmodell heben sich die Hirschhorn entstandenen Kosten für Trauungen in Neckarsteinach durch Gebühren und Erstattungen auf. Doch Neckarsteinach will aussteigen und künftig nach Einwohnerzahlen abrechnen, egal, wo wie viele Trauungen stattfinden. Das stieß manchem Stadtverordneten im Ausschuss bitter auf.
Durch die Kündigung der Mitarbeiterin spare man eine Stelle. Die Wiederbesetzung könne man angesichts drohender Grundsteuererhöhungen den Bürgern nicht vermitteln, sagte etwa Harald Heiß (CDU). Die dafür erforderlichen 40.000 Euro seien etwa 40 Punkte bei der Grundsteuer, rechnete Kevin Jung vor.
Man einigte sich auf den Kompromissvorschlag von Dr. Irmtrud Wagner (Profil), wonach die weitere Zusammenarbeit mit Neckarsteinach vertraglich geregelt werden soll. Der Magistrat soll dazu verhandeln. Vorsorglich soll der bestehende Vertrag zu Ende 2019 "vorsorglich gekündigt" werden.