Von Ronald J. Autenrieth
Eberbach. Die katholische Kirche St. Johannes Nepomkuk war am Sonntag bestens besucht, denn Qualität spricht sich anscheinend herum. Oder wie ein langjähriger Konzertgänger bemerkte: "Eine bessere Aufführung des Weihnachtsoratoriums habe ich in 30 Jahren nicht erlebt!"
Bezirkskantor Severin Zöhrer kann in der Tat hoch zufrieden sein. Sei es mit der Leistung der Katholischen Kantorei, dem gediegen und gleichermaßen engagiert aufspielenden Orchester und der gelungenen Idee, in besonders glanzvollen Chorsätzen junge Schülerinnen des HSG mitwirken zu lassen. Dass die Musiker des Instrumentalensembles in verschiedenen Stuttgarter Orchestern beheimatet sind, tat dem Zusammenspiel keinerlei Abbruch. Auch die Integration der Schüler gelang bruchlos. Da auch die Solistenriege mit Johanna Pommranz (Sopran), Diana Haller (Alt), Christopher Kaplan (Tenor) und Francesc Ortega i Martí (Bass) ihre Partien nicht nur glänzend ausführte, sondern sich auch Zöhrers Gesamtkonzept souverän einpasste, kann der Eindruck beim Publikum auf den Punkt gebracht werden: Klang gewordene Weihnachtsfreude!
Die erklungenen Kantaten I bis III bündeln die weihnachtliche Kernbotschaft und enthalten zudem die Highlights des Oratoriums: Die beiden Pauken- und Trompetenkantaten (Teile I und III) und die berühmte Hirtenmusik, nämlich die "Sinfonia", welche den zweiten Teil eröffnet und durch zwei lupenrein geblasene Da-Caccia-Oboen zusätzliche Transzendenz erfuhr.
Dabei konnte die hohe musikalische Qualität der Aufführung bis zum Finale, der Wiederholung des glanzvollen "Jauchzet, frohlocket" im strahlenden Tutti, ohne Abstriche aufrecht erhalten werden, was von einer profunden Konzentrationsleistung des Dirigenten Zöhrer zeugt. Die Tempi stimmten, Intonation und Phrasierung waren vorbildlich, das Ensemble reagierte und hörte aufeinander. So fällt es schwer, Höhepunkte herauszugreifen.
Hell, lyrisch und textverständlich deklamierte Christopher Kaplan als Evangelist, Diana Hallers Alt hatte Biss und Ausdruck in allen Lagen. Johanna Pommranz verstand es, mit ihrem wohl geführten Sopran Konzentration und Leichtigkeit zu verbinden, was man gleichermaßen von Francesc Ortega i Martí sagen kann, übertragen auf die Lage des Baritons, welche die Basspartien etwas aufgehellt glänzen ließ.
Natürlich kann der Anteil des Komponisten Bach an dem Eindruck, den seine Musik hinterlässt, nicht hoch genug bewertet werden. In ergreifenden Chorälen, wie "Brich an, o schönes Morgenlicht" sprach unleugbar der "5. Evangelist", dazu kamen unnachahmliche Effekte, die er wie kein anderer beherrschte. So bekrönte ein Heiligenschein aus Geigentönen die Stimme der Sopranistin, wenn sie den Engel sang und instrumentale Kabinettstückchen, wie etwa die Querflötenstimme in der Arie "Frohe Hirten, eilt" oder die Sologeige in "Schließe, mein Herze, dies selige Wunder" wurden selbst zum Wunder, zumindest in der gehörten edlen Ausführung.
So applaudierte das Publikum am Ende erst lange und heftig nach einer Pause ergriffenen Schweigens.