Von Elisabeth Murr-Brück
Eberbach. Place Thonon. Schifferfrauen zieht man nicht so leicht über den Tisch, aber auch nicht an den Tisch. Für Paris-Reisende haben sie einen heißen Tipp: Essen bei den "Drei kleinen Schweinchen" (Aux Trois Petits Cocons) auf dem Montmartre: einfach großartig. Das Restaurant wird auch im Internet hoch bewertet, aber davon hatten sie keine Ahnung: "Wir sind mittags vorbeigelaufen und haben durchs offene Fenster in die Küche geschaut". Da wussten sie schon: "Die machen’s richtig, da können wir hingehen!"
Essen in Frankreich, göttlich. Die Bouillabaise im Hafenviertel von Marseille und überhaupt. Ihren Stammtisch haben die Damen diese Woche auf den Samstag verlegt, zum Sommerfest der Freunde Thonons auf dem - logisch - Thononplatz. Praktisch für die Besucher des Wochenmarkts. Aber nicht nur die wussten das Angebot zu schätzen. "Pieds de Savoie", abgepackt zum Mitnehmen, das Käsegebäck ist eine Spezialität aus der Region Thonon-les-Bains.
Direkt, an Ort und Stelle, ein französisches Frühstück mit Kaffee und Brioche, ein Gläschen Crémant oder zwei, den grauen Vormittag kann man sich schöner trinken und schön essen.
Nach einer Stunde sind sämtliche Quiches verkauft. Wie viele? "Oh …". Auf der Liste zählen die Veranstalter nach, es waren 13: mit Zucchini, mit Ziegenkäse, mit Lauch, Schinken oder Tomaten und die ganz klassische Quiche Lorraine, in der außer der Grundmischung aus Käse, Eiern und Sahne nur noch Speckwürfel sind. Und wenn man schon dabei ist: es gibt Crèpes mit Zimt und Zucker, Schokoladen-Tarte und "Citron" sowie die klassischen Obst-Variationen, Elsässer Käsekuchen und Clafoutis, den man ungefähr als Mischung aus Auflauf und Kirschenmichel erklären kann.
Es sind Veranstaltungen wie diese, die den Verein der "Freunde Thonons" und die Beziehung zur Partnerstadt südlich des Genfer Sees ins öffentliche Bewusstsein bringen. Die 1961 etablierte Städtepartnerschaft dümpelte nach einigen Jahren vor sich hin, erzählt Karl Braun, der als Stadtrat damals die Initiative ergriff. Zum 40-jährigen Jubiläum schlug er Thonons damaligem Bürgermeister Michel Pitter vor, einen Freundeskreis zu gründen und so die freundschaftlichen Kontakte zu revitalisieren.
Die Franzosen setzten das schnell um, in Eberbach dauerte es noch zwei Jahre. Karl Braun schaltete eine Zeitungsannonce, 30 Interessenten kamen. "Ab dem Moment lief’s". Und läuft immer noch - mit Boule, mit Sprachkursen und Konversations-Abenden. Die Mitgliederzahl hat sich im Laufe der Jahre verdoppelt, stagniert allerdings seit einiger Zeit. Wie bei allen Vereinen fehlt der Nachwuchs. "Die jungen Leute brauchen das nicht mehr so", meint die Stellvertretende Vorsitzende Michèle Vetter: "sie sind in einem Europa ohne Grenzen aufgewachsen, Reisen ist selbstverständlich."
1980 kam die Französin nach Eberbach, "aus Liebe", wie das halt so ist, ihre Herkunft hört man ihr nicht mehr an, mit ihrer perfekten Zweisprachigkeit ist sie ein Kapital für den Freundeskreis. Der organisiert nicht nur Sprachkurse, beteiligt sich am Schüleraustausch und organisiert die jährlich wechselnden Treffen in Eberbach und Thonon. Im September werden sich beide Freundeskreise an der "Foire de Crête" beteiligen, einem Volksfest ähnlich dem Kuckucksmarkt. In Thonon ist das Interesse an der Beziehung "sehr groß", sagt Vetter, viele Freundschaften sind im Laufe der Jahre entstanden.
Ihnen zeigen die Eberbacher Thonon-Freunde in Speyer oder auf Hambacher Schloss beispielsweise, wie geschichtsträchtig und kulturell reich die Region hier ist. "Und dass Menschen hier gar nicht so viel anders als in Frankreich sind", sagt Andreas Persch: "Die Kurpfalz, die Pfalz, das Elsass … da gibt es doch jede Menge Ähnlichkeiten".
Das sehen die Schifferfrauen nur bedingt so: "Franzosen sind entspannter". Und wahnsinnig hilfsbereit. Bei der Abreise aus Marseille fuhr den Damen der Bus buchstäblich vor der Nase weg. Ein Mann kriegte das mit, lief dem Bus hinterher und stoppte ihn. "Wir lieben Frankreich", das Essen sowieso. "Und die Männer!" Santé!